SonntagsBlick als Co-Pilot von Dakar-Sieger Stéphane Peterhansel
Der Flug-Lotse

Vor zwei Monaten gewann der Wahlschweizer Stéphane Peterhansel die legendäre Rallye Dakar zum zwölften Mal. Zeit für eine neue Herausforderung: Zum Beispiel eine Fahrt mit SonntagsBlick-Autoredaktor Martin A. Bartholdi als Co-Pilot und Navigator.
Publiziert: 13.03.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 12:15 Uhr
Martin A. Bartholdi

Die Bourgogne: Weinberge, Hügel, Wälder – und Stille. Plötzlich… ein tiefes Bollern – und ein dunkelblaues Gefährt schiesst in horrendem Tempo zwischen zwei Bäumen hervor, wirft sich nach einem Sprung auf Schotter in eine Kurve und rast durch die nächste Lücke wieder in den Wald.

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SonntagsBlick als Navigator von Dakar-Sieger Stéphane Peterhansel
Foto: Werk

Wahnsinn! Willkommen auf dem Geländekurs «Les Combes Grondées»! Hier darf ich zum ersten Mal in einem Dakar-Rallyeauto mitfahren. Mein Chauffeur? «Mr. Dakar» Stéphane Peterhansel. Der Franzose mit Zweitwohnsitz im Wallis hat im Januar zum zwölften mal die legendäre Rallye Dakar gewonnen.

Mit je sechs Siegen auf dem Töff und im Auto denkt er aber noch nicht ans Aufhören. «Ich habe Peugeot zum ersten Sieg nach dem Comeback verholfen und kann jetzt befreiter fahren», macht der 50-Jährige gleich eine Kampfansage fürs nächste Jahr.

Auf dem Geländekurs «Les Combes Grondées» kommt Dakar-Sieger Stéphane Peterhansel angeflogen.
Foto: Werk

An Peterhansels Seite sass bei jedem Dakar-Sieg Jean-Paul Cottret. Der 52-jährige Franzose ist sein Navigator, seit Peterhansel 1999 von den Motorrädern zu den Autos wechselte. Heute übernehme ich Cottrets Rolle, wofür er mir das Roadbook in die Hand drückt und mir die Symbole und entsprechenden Kommandi an den Fahrer erklärt.

Navigator Jean-Paul Cottret (links) erklärt Martin A. Bartholdi das Roadbook.
Foto: Werk

Bei der Dakar-Rallye erhält der Co-Pilot das Roadbook für die nächste Etappe jeweils am Abend zuvor und muss es sich bis am Morgen einprägen. «Die Distanzen sind sehr wichtig und die Ausrufezeichen für gefährliche Stellen darfst du nie vergessen!», schwört mich Cottret ein. Von den vielen fremden Instrumenten vor mir sind der Kompass und der Kurzstreckenzähler, den ich mit dem rechten Fuss zurücksetzen kann, wichtig für mich. So schwer kann das nicht sein.

Martin A. Bartholdi wagt sich zu Stéphane Peterhansel ins Cockpit.
Foto: Werk

Peterhansel startet den 350 PS starken V6-Biturbo-Diesel. Der coole Motorensound ist durch den Helm kaum zu hören. Über den integrierten Funk unterhalte ich mich mit meinem Fahrer. Los gehts! «In 250 Metern, Haarnadel rechts!» Ich staune, wie einfach das mit dem Roadbook vorbeten geht. Allerdings kämpfe ich mit der Sprache. Cottret hat links mit G für «gauche» und rechts mit D für «droite» abgekürzt. Ich navigiere aber in Englisch und muss jeweils übersetzen, während meine Hirnzellen durchgeschüttelt werden. Obwohl mein Körper im Sitz festgezurrt ist, wackelt mein Kopf wie ein Wackeldackel.

Sonst aber ist der Renn-Peugeot überraschend komfortabel. Muss er auch! Die Fahrer legen darin täglich gegen 800 Kilometer zurück. Das erklärt auch die überraschend sanfte Landung nach einem meterweiten Sprung. Doch plötzlich habe ich Peterhansels Hand im Roadbook. «Wir sind erst hier...» Oha! Roadbook lesen ist doch nicht so einfach! Ich habe im «Gebetbuch» eine Kurve übersprungen ...

Weite Sprünge, enge Kurven und Schotterpisten schütteln Fahrer und Beifahrer arg durch.
Foto: Werk

Im Gegenzug hält Peterhansel eine Überraschung für mich bereit: «Wir haben einen Platten!» Der Dakar-Champion sieht mir an, dass ich ihm nicht glaube und deutet neben mein rechtes Bein. «Da ist der Schlagschrauber!» Schon hat Peterhansel die Gurte gelöst und ist aus dem Fahrersitz geglitten. Ich folge nicht ganz so elegant, husche ums Heck und setze den Schlagschrauber an. Fünf Muttern. Das 50-Kilo-Rad von der Nabe hieven. Mit dem Champ das Ersatzrad aufziehen. Während ich die Muttern anziehe, fällt das Auto plötzlich vom Wagenheber… Nein! Peterhansel hat nur das Fahrzeug vom integrierten Wagenheber gelassen. Als ich nach getaner Arbeit (der Plattfuss war übrigens nur simuliert) wieder einsteigen will, spüre ich eine Hand auf meiner Schulter. Der zwölffache Dakar-Sieger deutet aufs abgenommene Rad am Boden. Mist! Ich hätte es liegen lassen, was bei der Dakar-Rallye zu einer Busse von 1000 Dollar geführt hätte.

Stéphane Peterhansel (l.) und Martin A. Bartholdi wuchten gemeinsam das 50-Kilo-Rad hoch.
Foto: Werk

Auch die Balance des Rennfahrzeugs wäre dadurch aus dem Gleichgewicht geraten, da auf jeder Seite ein Ersatzrad verstaut ist. Wir brauchen 5,44 Minuten für den Radwechsel – die Dakar-Profis erledigen dies im Rennen in 2,30 Minuten.

Als Mechaniker würde mich Peterhansel nicht mitnehmen. «Aber das Navigieren hast Du ganz gut gemacht», adelt mich Mister Dakar. Als ich ihn darauf hinweise, dass er ja auch nicht schnell gefahren sei, schmunzelt er nur.

Peugeot kam, sah – und siegte!

Die Dakar-Rallye ist das härteste Rennen der Welt. In zwei Wochen gilt es auf 13 Etappen fast 10'000 Kilometer zurückzulegen. In diesem Jahr kam es in der Kategorie Auto zu einer Wachablösung. Mini, zuletzt mit vier Gesamtsiegen in Folge erfolgreich, war 2016 gegen Peugeot chancenlos.

Die Franzosen kehrten 2015 nach 25 Jahren Abstinenz zur Dakar-Rallye zurück. Die erste Teilnahme war noch ein Lernjahr – Peterhansel wurde als bester Peugeot-Fahrer elfter. Darauf baute Peugeot den 2008 DKR komplett um. Das Auto wurde länger, breiter und der Schwerpunkt tiefer. Mit Erfolg! Schon im zweiten Jahr holte sich Peugeot mit neun Tagessiegen den Dakar-Gesamtsieg. «Dass wir stark sein würden, hatte ich erwartet. Dass wir gleich gewinnen, war eine schöne Überraschung», gesteht Peterhansel. «VW brauchte sieben und Mini/BMW acht Jahre.»

Die erste Hälfte der Dakar-Rallye 2016 kam mit ihren technischen Prüfungen dem heckgetriebenen Peugeot 2008 DKR entgegen. Und als es in der zweiten Rennhälfte mehr durchs Gelände ging, blieben die Peugeots überlegen. Peterhansel kann sich einen Seitenhieb gegen sein früheres Team nicht verkneifen. «Ich habe Mini gewarnt, ihr Auto wäre mit zehn Jahren zu alt. Unser 2008 DKR dagegen ist ganz neu.»

Weil bei Peugeot Sébastien Loeb in der achten Etappe nach einem mehrfachen Überschlag viel Zeit verlor und Carlos Sainz durch einen Getriebeschaden ausfiel, konnte sich Mini mit Nasser Al-Attiyah immerhin Platz 2 sichern – knapp 35 Minuten hinter unserem «Mr. Dakar» Stéphane Peterhansel.

Die Dakar-Rallye ist das härteste Rennen der Welt. In zwei Wochen gilt es auf 13 Etappen fast 10'000 Kilometer zurückzulegen. In diesem Jahr kam es in der Kategorie Auto zu einer Wachablösung. Mini, zuletzt mit vier Gesamtsiegen in Folge erfolgreich, war 2016 gegen Peugeot chancenlos.

Die Franzosen kehrten 2015 nach 25 Jahren Abstinenz zur Dakar-Rallye zurück. Die erste Teilnahme war noch ein Lernjahr – Peterhansel wurde als bester Peugeot-Fahrer elfter. Darauf baute Peugeot den 2008 DKR komplett um. Das Auto wurde länger, breiter und der Schwerpunkt tiefer. Mit Erfolg! Schon im zweiten Jahr holte sich Peugeot mit neun Tagessiegen den Dakar-Gesamtsieg. «Dass wir stark sein würden, hatte ich erwartet. Dass wir gleich gewinnen, war eine schöne Überraschung», gesteht Peterhansel. «VW brauchte sieben und Mini/BMW acht Jahre.»

Die erste Hälfte der Dakar-Rallye 2016 kam mit ihren technischen Prüfungen dem heckgetriebenen Peugeot 2008 DKR entgegen. Und als es in der zweiten Rennhälfte mehr durchs Gelände ging, blieben die Peugeots überlegen. Peterhansel kann sich einen Seitenhieb gegen sein früheres Team nicht verkneifen. «Ich habe Mini gewarnt, ihr Auto wäre mit zehn Jahren zu alt. Unser 2008 DKR dagegen ist ganz neu.»

Weil bei Peugeot Sébastien Loeb in der achten Etappe nach einem mehrfachen Überschlag viel Zeit verlor und Carlos Sainz durch einen Getriebeschaden ausfiel, konnte sich Mini mit Nasser Al-Attiyah immerhin Platz 2 sichern – knapp 35 Minuten hinter unserem «Mr. Dakar» Stéphane Peterhansel.

Stéphane Peterhansel (r.) und Jean-Paul Cottret haben im Peugeot 2008 DKR die Rallye Dakar 2016 gewonnen. Es ist ihr sechster gemeinsamer Erfolg am härtesten Rallyerennen der Welt.
Foto: Martin A. Bartholdi
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