Nach der Opel-Übernahme will Carlos Tavares, Chef von PSA (Citroën-Peugeot), seinen Konzern zu einem «europäischen Champion» formen. Dass dies nicht einfach wird, weil Opel seit vielen Jahren Verluste schreibt, ist dem Portugiesen bewusst. Er sagt: «Das Problem bei Opel sind nicht die Menschen. Im Gegenteil. Das Beste, was Opel hat, sind die Mitarbeiter.» Ein personeller Kahlschlag kann daher nicht die Lösung sein.
Ähnliche Situation, andere Ausgangslage
Für Tavares ähnelt die Situation mit Opel jener vor vier Jahren, als er bei der PSA-Gruppe sein Amt antrat. «Wir hatten damals eine Nahtod-Erfahrung. Und als ich meine Pläne zur Rettung offenbarte, haben viele geschmunzelt. Doch jetzt hat die PSA-Gruppe im ersten Halbjahr eine operative Marge von 7,3 Prozent erwirtschaftet», liefert Tavares Fakten.
Die Situation bei Opel ist allerdings eine andere: Die Modellpalette ist deutlich jünger, die Technologie moderner, und die Werke sind nicht in einem derart desolaten Zustand. Trotzdem ist Tavares nicht zufrieden. «Opels CO2-Bilanz ist zu schlecht», lautet sein Verdikt. Folglich spielt die Elektrifizierung bei Opel künftig eine wichtige Rolle. Sowohl reine E-Mobile als auch Plug-in-Hybride sind geplant. Die Technologie dafür ist bei PSA bereits vorhanden.
Ambitionierte Elektro-Strategie
Los gehts mit der an der IAA zu sehenden Plug-in-Hybrid-Variante des Kompakt-SUV Grandland X. Für den gesamten PSA-Konzern mit den Marken Peugeot, Citroën, DS und neu Opel hat Tavares einen E-Plan vorgegeben, der für die Deutschen schwer umzusetzen sein dürfte: Bis 2020 sollen 50 Prozent aller PSA-Modelle elektrifiziert sein, bis 2023 bereits 80 Prozent. Schnelles Reagieren auf Trends in der sich wandelnden Automobilbranche ist also gefragt. «Nicht die Grossen und Schweren werden gewinnen, sondern die Schnellen», ist der PSA-Boss überzeugt.
Opel behält viel Selbständigkeit...
Allerdings wird der lange Arm aus Paris nicht streng bis nach Rüsselsheim reichen. Opel erhält Zugriff auf die PSA-Technologien (z.B. die E-CMP-Plattform), wie diese aber genutzt werden, liegt alleine in der Hand des Opel-Managements. Folglich wird Opel nicht zur PSA-Dependance degradiert, sondern bleibt weitgehend eigenständig.
Freilich wird Tavares die Aktionen überwachen und selbst jeden Monat für ein paar Tage in der Rüsselsheimer Opel-Zentrale weilen. «Das einzige, was sich Opel nicht leisten kann, ist der Status Quo», analysiert Tavares. Um Synergien zu nutzen, bildet er deshalb sogenannte «crossfunktionale Teams». Der Schlüssel, so Tavares, liege im intelligenten Nutzen der menschlichen Ressourcen und der Technologien. Das bedeutet auch eine schnelle Transformation der Aufgaben.
Opel-Fahrzeuge werden weiter in Rüsselheim entwickelt, nur unter neuen Vorzeichen. «Glauben Sie mir, ich werde die Opel-Ingenieure zu 110 Prozent nutzen», sagt Tavares, der vom Knowhow der Deutschen möglichst viel profitieren will. Deswegen sind auch sogenannte «Expertise Center» geplant, die für die ganze PSA-Gruppe an Ideen tüfteln.
...muss aber profitabel werden
Kaputtsparen will der PSA-Chef Opel nicht. Investitionen in die Fabriken sind möglich, allerdings nur, wenn sie sich rechnen. Schliesslich müssen die Opel-Werke die Produktionsvorgaben erfüllen – schneller, effizienter, aber günstiger als bisher müsse die Fertigung sein, fordert Tavares. Und was die Positionierung Opels im PSA-Markenverbund angeht, lässt der oberste Boss keine Zweifel offen. «Ich habe schon drei französische Marken, ich brauche keine vierte.» Opel soll eine deutsche Marke bleiben und die Käufer mit Qualität überzeugen. Auf Verluste reagiert Carlos Tavares freilich allergisch. So ist für ihn der vielgelobte Stromer Opel Ampera-e lediglich ein «red ink car». Also ein Auto, das Verluste schreibt. Und das ist für Carlos Tavares ein No-Go!