So bereitet sich Mazda auf die Zukunft vor
Die Gallier aus Hiroshima

Seit Jahren stellt sich Mazda erfolgreich gegen den Auto-Mainstream. Auch bei der Elektromobilität: Beim neuen MX-30 gehts nicht vor allem um Mega-Reichweite und irre Beschleunigung.
Publiziert: 03.11.2019 um 10:33 Uhr
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Neuer Mazda MX-30: Mit dem SUV-Coupé lanciert Mazda im kommenden Sommer sein erstes Modell mit Elektroantrieb.
Foto: Andreas Faust
Andreas Faust

Wir schreiben das Jahr 2019. Die gesamte Autoindustrie hechelt den gleichen Trends hinterher: Autonomes Fahren, Vernetzung, Elektromobilität. Verbrennungsmotoren ohne Turboaufladung für geringeren Verbrauch im Prüfzyklus sind undenkbar, jeder Fahrassistent wird als Riesenschritt zum selbsttätigen Fahren bejubelt, und bei neuen Elektro-Modellen gehören Reichweiten jenseits der 400 Kilometer unbedingt dazu.

Nur ein vermeintlich kleiner japanischer Autobauer widersetzt sich mit eigenen Ideen dem Mainstream – ganz so wie das berühmte gallische Dorf aus den Asterix-Comics. Seit der US-Autobauer Ford sich 2010 vom grössten Teil seiner Mazda-Anteile trennte, sich aus der Leitung zurückzog und 2015 ganz verabschiedete, ist die Marke auf der Erfolgsstrasse. Im letzten Jahr litt Mazda zwar unter der gedämpften Konjunktur in China, setzte global aber dennoch über 1,56 Mio. Fahrzeuge ab.

Optimierte Verbrenner statt Stromer um jeden Preis

Entscheidend: die Skyactiv-Technologie, mit der Mazda ab 2011 seine konventionellen Benziner und Diesel leichter, reibungsärmer und sauberer in der Verbrennung machte, während der Rest der Autowelt auf Turboaufladung setzte. Hybridisierung? Elektrifizierung? Brauchen wir noch nicht, war lange das Credo von Mazda. Investitionen flossen lieber in technische Optimierungen mit sofortigem Effekt auf Verbrauch und CO2-Ausstoss statt in ungewisse Zukunftsvisionen. Und in eine schnittige Designsprache, die so gar nichts mehr vom japanischen Autobarock der 1970er- und 80er-Jahre hat. Zuletzt wurde mit den neuen Mazda 3 und CX-30 der weltweit erste Diesotto-Motor eingeführt, der die Leistungsentfaltung eines Diesels mit den saubereren Abgaswerten eines Benziners kombiniert.

Umso überraschender nun die Präsentation des neuen Mazda MX-30 an der Tokio Motorshow: Das fünfplätzige SUV-Coupé kommt als erster Stromer der Marke im kommenden Sommer in Europa auf den Markt; die Erstauflage soll ab 36 990 Franken kosten. Technisch übernimmt er einiges vom gerade lancierten CX-30 – warum dann das Kürzel MX? Designer Youichi Matsuda verweist auf den Roadster MX-5: Der werde von seinen Eignern seit über 30 Jahren heiss geliebt. Das wünsche er sich auch für den Neuling.

Typische Optik, innovative Materialien

Optisch macht er es der Stammkundschaft leicht: rasant-flache Dachlinie, dazu eine wie schwebende Fronthaube und schmale Scheinwerfer. Auch typisch Mazda: die beidseitig öffnenden Portaltüren wie beim extravaganten Sportler RX-8. Weil ihnen die mittlere B-Säule zum Opfer fällt, lässt sich die hintere Sitzreihe leichter entern als mit konventionellen Türen. «Trotzdem – ich musste harte Diskussionen darum führen», sagt Matsuda. Auch die freistehende Mittelkonsole brauchte Matsudas Überzeugungsarbeit bei Controlling und Ingenieurskollegen: «Der MX-30 soll auch im Innenraum die technische Innovation des Antriebs widerspiegeln.»

Dennoch: Dafür parkiert der Fünfplätzer konzeptionell recht nah bei den übrigen Mazda-Modellen. «Wir haben daran gedacht, ein sehr futuristisches Fahrzeug zu entwerfen», erklärt Matsuda. «Aber unsere Kunden leben in der Gegenwart. Wir wollten sie nicht mit einem zu exzentrischen Innenraum überfordern. Ein Auto muss begreifbar sein.» Der ökologische Ansatz des Antriebs setzt sich dafür in den Materialien fort: Veganes Leder aus Recyclingmaterial gehört ebenso dazu wie Korkauflagen rund um den Wählhebel für die Fahrtrichtung. «Kork wächst schnell nach, und man benötigt nur die Rinde eines Baumes, statt ihn fällen zu müssen wie für Holzeinlagen», sagt Interieur-Spezialistin Xintong Li.

Weniger Gewicht statt mehr Reichweite

Beim Antrieb hält sich Mazda teils an den Trend: Motor und Elektronik unter der Fronthaube, Batterie im Unterboden. Aber statt wie mancher Mitbewerber so viel Batteriekapazität wie möglich ins Auto zu quetschen, bleibt es bei einem 35,5 Kilowattstunden-Akku für maximal 200 Kilometer Reichweite. Zu wenig? Nein, findet Produktmanagerin Tomiko Takeuchi. Der MX-30 sei als Zweitauto konzipiert, da genüge dies angesichts der durchschnittlichen Tagesfahrleistung von 48 Kilometern in Europa vollauf. Dafür spare die kleine Batterie Gewicht. Statt 4x4 ist nur Frontantrieb vorgesehen, zudem müssen 140 PS genügen.

Startet Mazda jetzt also eine Elektro-Offensive? Noch nicht, obwohl man bei diesem Thema längst im Hintergrund mit Toyota kooperiert. Im Mazda-Hauptquartier in Hiroshima denkt man eher über eine Höherpositionierung der Marke nach. Ein deutlicher Qualitätssprung im Interieur ist längst bemerkbar, und das Aussendesign ist derzeit sowieso über alle Zweifel erhaben. Fehlen nur noch hochklassigere Antriebe. Während die Konkurrenz auf Drei- und Vierzylinder setzt, soll bei Mazda eine neue Generation von Reihen-Sechszylindern in Arbeit sein – Benziner und Diesel. Hinterradantrieb à la BMW oder Mercedes und passende grosse Modelle sollen dabei eine Rolle spielen. Ein Wankelmotor als Range-Extender für den MX-30 scheint auch noch in der Pipeline zu sein. Das gallische Dorf der Autowelt hält Kurs.

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