Elektroauto-Start-ups aus China und den USA schiessen wie Pilze aus dem Boden. Sie sorgen mit spektakulären, oft leistungsstarken Concept Cars für Aufsehen. Doch so schnell, wie sie aufpoppen, wird es oft auch wieder still um Unternehmen wie Byton, Nio, Aiways oder Faraday Future.
Ähnliches befürchteten wir auch fürs Zürcher E-Auto-Start-up Piëch Automotive des Mundart sprechenden Toni Piëch (42) und seinem Geschäftspartner Rea Stark Rajcic (36). Mit dem atemberaubenden Prototypen Mark Zero, einem eleganten Elektro-Supersportwagen, sorgten die beiden im Frühling letzten Jahres am Genfer Autosalon für Schlagzeilen. Doch danach wurde es wieder still um Piëch Automotive. Mancher unkte schon: War wohl nichts mit der Idee des Start-ups, dass mit etablierten Partnern die Autowelt aufmischt.
Ex-VW-Vorstandsvorsitzender neu im Boot
Aber: Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurde weiterhin fieberhaft am Projekt gearbeitet. Offenbar überzeugen Piëchs Ideen auch alte Hasen aus der Branche. Jetzt liest sich die Liste der Vorstandscrew wie ein Who-is-Who der Autobranche.
So ist seit Beginn vor vier Jahren der frühere BMW-Ingenieur Klaus Schmidt (64, verantwortete beim Münchner Autokonzern die sportlichen M-Modelle) als Entwicklungschef und neuer Co-CEO bei Piëch Automotive dabei. Dazu stossen neu Jochen Rudat (40, leitete in Europa die Markteinführung von Tesla) und ab 1. November als zweiter Co-CEO Andreas Henke (48, fast zwei Jahrzehnte bei Porsche, zuletzt CEO beim Edel-HiFi-Anbieter Burmester).
Als Aufsichtsratschef fungiert neu kein Geringerer als der frühere VW-Vorstandsvorsitzende Matthias Müller (67). «Das Projekt erfüllt mich mit grosser Begeisterung», sagt Müller über Piëch Automotive und den für Ende 2022 oder Anfang 2023 geplanten Verkaufsstart. Kein Wunder, vor seiner Zeit als VW-Konzernchef stand Müller an der Spitze von Porsche – und traf unter anderem auch die Entscheidung, mit dem Taycan einen rein elektrischen Sportwagen zu bauen.
Solide Finanzierung mit diversen Investoren
Die Finanzierung von Piëch Automotive scheint solide abgestützt: Vor eineinhalb Jahren in Genf verkündete Toni Piëch, dass er rund 500 Millionen Euro für den Start als neuer Autohersteller brauche. Dieses Geld will er mit verschiedenen Investoren in mehreren Finanzierungsrunden zusammenbringen. Heute sagt Andreas Henke: «Wir benötigen weniger als ursprünglich geplant.» Zu den Investoren zählen aber nicht etwa die Familien Piëch oder Porsche, dafür US-Investor Peter Thiel (53), der half, die Finanzierungsrunde A abzuschliessen. Die nächste Runde B ist nun mit der UBS als beratende Bank geplant.
Neues Engineering Campus in Memmingen
Pünktlich zur Inbetriebnahme der ersten Prototypen startet auch der Bau des Piëch Engineering Campus im süddeutschen Memmingen (D), wo sich das junge Zürcher Start-up fürs nächste Kapitel der möglichen Erfolgsgeschichte aufstellt. Denn mit den frisch verpflichteten Experten, dem modularen Fahrzeugkonzept, das zahlreiche Karosserievarianten, Antriebsarten und Updates bei Hard- und Software erlaubt, könnte Toni Piëch ab 2022/23 die automobile Erfolgsgeschichte seiner Familie Piëch/Porsche mit einem weiteren Kapitel fortsetzen.