Gleich geht uns der Hut hoch, denn die Dame bleibt höflich. Enervierend höflich. Nichts kann so auf die Palme bringen wie Unverständnis, das wiederholt mit ausgesuchter Freundlichkeit mitgeteilt wird. «Ich habe Sie leider nicht verstanden.» Gut, kennt sie halt weder Beethoven noch Michael Jackson. Geschweige denn, dass sie Musik von ihnen spielen könnte. Banausin!
Die Assistentin fährt mit
Aber die DJane ist entschuldigt, denn sonst sagt die persönliche Assistentin in BMWs neuem 3er (der Limousine; der Kombi folgt) brav und in 14 Sprachen den Verbrauch an oder die Rest-Fahrzeit oder kennt etwa alle Restaurants der Umgebung. Konkurrent Mercedes lässt uns in der A-Klasse längst auf Zuruf helfen, ab März zieht BMW erstmals in seiner edlen Mittelklasse zu Preisen ab 50'500 Franken nach. Dabei ist es aber nicht die digitale Rundumversorgung, die diese neue, siebte Generation von den seit 1975 insgesamt 15,5 Millionen «Dreiern» so deutlich absetzt.
Neue Dimensionen
Blieb im neuen 3er etwas übrig vom Vorgänger? «Die Logos», sagt Projektleiter Thomas Bäumer. Mit einem Längenplus von fast neun Zentimetern und 16 Millimetern mehr Breite ist der Fünfplätzer nun so lang wie Mitte der 1980er-Jahre ein 5er. Bei rund vier Zentimeter mehr Radstand kommt vom Zuwachs immerhin die Hälfte den Passagierknien zugute.
Die Rücksitzlehne klappt dreiteilig um; aufgestellt passen 480 Liter unter den bürzelartigen Heckdeckel. Der schaut wie die ganze Verpackung zuerst bekannt aus, bis man mal direkt den Vorgänger vergleicht und sieht: Da ist ebenfalls nichts gleichgeblieben. Mit schmaleren Scheinwerfern (LED-Licht ist Serie) und Rücklichtern wirkt der 3er breiter und erwachsener.
Neues Cockpit-Zeitalter
Dies, obwohl er 55 Kilo leichter wurde. Aber den grössten Schritt macht das Interieur – aufgeräumt, prima verarbeitet und weniger hartplastisch als auch schon. Statt analoger Skalen gibts virtuelle Instrumente mit verwirrender Informationsvielfalt. Der Drehzahlmesser läuft gegen den Uhrzeigersinn – schaut seltsam aus, schafft aber Platz für die Navikarte. Das Infotainment bedient man per Dreh-Drück-Rad in der Mittelkonsole, via Gesten oder auf Zuruf.
Die Motoren-Vielfalt
Zum Start kommen zwei Vierzylinder-Benziner mit 184 und 258 PS und zwei Turbodiesel mit 150 oder 190 PS – ersterer eher für Flottenkunden, letzterer auch mit Allrad; dazu noch ein Dreiliter-Reihensechser-Diesel mit 265 PS. «Die Benziner haben den satteren Ton», sagt Bäumer. Dafür wurden die Diesel so gedämpft, dass man sie kaum mehr für solche hält.
Und die Euro 6d-Temp-Erfüllung gegen Fahrverbote? «Mit Benzinpartikelfilter und Diesel-Abgasnachbehandlung!», ergänzt Bäumer. Im Sommer 2019 folgen dann der extraflotte M340i mit 374 PS und der Teilelektriker 330e mit 252 PS und bis zu 60 Kilometer E-Reichweite.
Flottes Fahrverhalten
«Hey, BMW – wie schwer bist Du?» – «Ich habe Sie leider nicht verstanden.» Na gut. Man fühlt schliesslich die neue Leichtigkeit und die gleichmässige Gewichtsverteilung. Obwohl für das flinke Fahrverhalten vor allem die Fahrwerks-Anpassungen verantwortlich sind: Mehr Spur und neue Dämpfer mit Begrenzer, die allzu übles Aufschaukeln etwa auf Temposchwellen reduzieren. So viel Schwung hatte der 3er lange nicht: Als hätte sich BMW wieder mehr aufs Analoge als Digitale besonnen.
BMWs Heinzelmännchen
Letzteres gibt es natürlich dennoch im Überfluss. Per Navi erfährt die zumeist serienmässige Achtstufen-Automatik von den Kurven voraus und passt die Schaltpunkte an, ein XXL-Head-up-Display informiert umfassend, und es wird immer und überall assistiert: In Engstellen, im Stau mit pilotiertem Fahren oder bei Querverkehr. Optional natürlich, wie auch das 530 Meter weit reichende Laserlicht. Und der Rückfahrassistent. Der merkt sich im 3er die letzten 50 Meter. Fährt man in eine Sackgasse – wie wir in einem per Reifenstapel abgesteckten Parcours –, zirkelt der «Dreier» sich selbst rückwärts wieder heraus. Dem Fahrer bleiben Gas, Bremse und Verantwortung. Dreimal klappts gut, beim vierten Mal streift der BMW die Pneus – wohl weil Lenkwinkel rückwärts etwas anders wirken als vorwärts. Oder einfach der Fahrer pennt. «Hey, BMW, aufpassen!» – «Ich habe Sie leider nicht verstanden.» Macht doch nichts.