Lynk & Co: Neue Automarke
Auto 2.0

Einmal umkrempeln, bitte: Lynk & Co heisst die bei Volvo entwickelte, in China gebaute neue Marke, mit der Geely das iPhone-Prinzip aufs Auto übertragen will. SonntagsBlick war zur Premiere vor Ort.
Publiziert: 22.10.2016 um 23:50 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 12:10 Uhr
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Grosse Party bei der Vorstellung der neuen chinesischen Automarke Lynk & Co in Göteborg (S) und Berlin.
Foto: Werk
Timothy Pfannkuchen

Die Zukunft des Autos liegt nicht zwischen Tankstelle und Industriezone, sondern Apple Store und H&M. Beim Chillen in der City noch kurz in die Autoboutique: Vertragsverlängerung wie beim Smartphone. Dafür gibts dort wie im Smartphone-Shop das neueste Automodell. Kurzes Kraulen am Hipsterbärtchen: Zehn fertig durchgestylte Varianten vom düsteren Batman- bis hin zum fröhlichen Hippie-Look stehen bereit.

Eher Geschmacksache, die auffälligen LED-Rückleuchten des Lynk & Co 01.
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Keine Optionen, alles drin

Keine Optionen, alles bis zu Radartempomat und Dauerinternet ist drin. Als young urban Professionals müssen wir nun auch nicht zum Autohändler in der Vorstadt: Am nächsten Morgen steht der neue SUV vor der Haustür. Aufschliessen per Smartphone, ab in die City, «Parkplatzsuche» sagen – und der Touchscreen zeigt den nächsten freien Platz. Carsharing-App drücken. Jetzt wissen alle unsere Freunde: Das Auto wäre bis um 17 Uhr frei verfügbar.

Alain Visser (52), altgedienter Automanager (u.a. Ford, Opel, Volvo), ist der Marketing- und Vertriebschef von Lynk & Co.
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Unsinn? Nicht, wenn es nach Lynk & Co geht. Lynk und was? Lynk & Co, die neue globale Automarke des chinesischen Autobauers Geely. Um die Welt zu erobern, überträgt Lynk & Co das iPhone-Prinzip aufs Auto; samt Dauervernetzung und Fashion-Markenname. «Das Businessmodell der Autobranche ist über 100 Jahre alt», so Alain Visser (52), altgedienter Automanager (u.a. Ford, Opel, Volvo) und Marketing- und Vertriebschef von Lynk & Co: «Die Kundenbedürfnisse aber sind heute völlig anders als vor zehn Jahren.» Hat was. Vor neun Jahren war kein iPhone vorstellbar. Heute ist eine Welt ohne Smartphone undenkbar.

Europa als Messlatte

Gerne belächeln wir verwegene Pläne aus dem Autoreich der Mitte, seit sich dessen einst befürchtete Invasion gleich selbst ein Bein stellte. Von Landwind über Brilliance bis hin zu Qoros endeten Europapläne der chinesischen Automarken jämmerlich. Und in Europa haben es neue Marken ja traditionell arg schwer: Lexus ringt hier noch heute, nach 26 Jahren, um Anerkennung. Wozu also? Weil der anspruchsvollste Markt ein Versprechen ist: Wers in Europa schafft, schaffts überall. Und dass das Umkrempeln des Autos nicht geht, dachten wir ja anfangs auch bei Tesla.

Geely-Boss Cong Hui An und Volvos Chef Hakan Samuelsson gratulieren sich zur gelungenen Premiere der neuen Automarke Lynk & Co.
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Abwarten also. Geely hat freilich das Rüstzeug zum Wunderkind: 1998 begann Li Shufu (53), Sohn armer Bauern und Kühlschrankverkäufer, mit dem Autobau. Heute herrscht er in Hangzhou über seinen zweitgrössten unabhängigen chinesischen Autobauer – und Volvo. Denn vor sechs Jahren wagte Geely die Übernahme der angeschlagenen Schweden, zu jener Zeit sogar grösser als Geely selbst, aber perspektivlos. Und sanierte sie in Rekordzeit. Wie? Geely lässt Volvo in Ruhe tun, was die Schweden können: Autos entwickeln. Wie den ersten Lynk & Co, den nur prosaisch 01 (weitere Typen heissen analog 02, 03, etc.) genannten, 4,53 Meter langen Kompakt-SUV.

Unter der Karosserie des Lynk & Co 01 verbirgt sich modernste Volvo-Technik, wie die CMA-Architektur für den künftigen Volvo XC40 von 2017.
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Modernste Volvo-Architekur

Entwickelt in Göteborg im Volvo-Geely-Zentrum, wird er in einem neuen Werk in China gebaut und soll die Marke so gross machen wie Volvo. Für beide sind bald je 800'000 Autos (Volvo 2015: 500'000) im Jahr angepeilt, was den Geely-Konzern über die Drei-Millionen-Grenze katapultieren würde. Damit das nicht an guten alten Autodingen wie Qualität, Sicherheit oder Fahrspass scheitert, steckt darunter jene neue, hoch variable CMA-Architektur, die Volvo für Modelle wie den 2017 startenden XC40 erdacht hat. Wer Volvos neue 90er-Autos kennt, ahnt: Das Resultat dürfte passen.

Im edlen Cockpit besticht das «Smartphone auf Rädern» mit totaler Vernetzung samt Carsharing-App.
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Noch offen ist der Preis (denn natürlich darf man den Lynk & Co 01 auch ganz altmodisch kaufen statt gegen Monatsgebühr fahren). «Ein vollausgestattetes Premiumauto zum Preis eines Volumenmodells», verrät Visser professionell vage. Hineinsetzen durften wir uns bei der pompösen Enthüllung – erst in Göteborg, anderntags in Berlin – leider noch nicht, aber der Augenschein sagt: Volvo-Luxus mit Styleplus. Den Antrieb sollen Elektro-, Hybrid- und Plug-in-Hybrid übernehmen, dazu Benziner (Vierzylinder und neuer Dreizylinderturbo) und vielleicht Diesel, Schaltung oder Doppelkupplungsautomat und Front- oder Allradantrieb. Denn letztlich muss ja auch das «Smartphone auf Rädern» (Visser) vor allem eines tun, wenn es Ende 2017 in China, dann in den USA und Ende 2018 bei uns startet – fahren.

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Das erste Modell der neuen chinesischen Automarke Lynk & Co heisst pragmatisch 01.
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