Die Autowelt war lange eine sehr träge Welt. Neben den bekannten Hersteller wie Fiat, Ford, Renault, Toyota, VW und wie sie alle heissen, gab es kaum andere Produzenten. Das Bild ändert sich mit dem Aufkommen der Elektromobilität.
Viele wittern ihre Chance aufs grosse Geld mit einem gelungenen Stromer und wollen den etablierten Autobauern nach dem Vorbild von Tesla Kunden abjagen. So hat Kroatien mit Rimac inzwischen einen Sportwagenhersteller – natürlich Elektrosportler. Und Ende letzten Jahres überraschte der türkische Präsident Erdogan mit einem Türken-Tesla.
Vom Zulieferer zum Autobauer
Jetzt kommt auch Polen mit gleich zwei eigenen Elektroautos. Die Firma Electromobility Poland (EMP), ein Tochterunternehmen verschiedener staatlicher Energieunternehmen, hat die Marke Izera vorgestellt. Diese soll aber nicht nur von der aufkommenden Elektromobilität profitieren, sondern gleichzeitig die eigene Auto-Industrie erhalten und fördern. Denn Polen ist das grösste europäische Land ohne eigenen Autohersteller, hat aber laut EMP die grössten Zulieferer-Industrie Europas. Sprich, die Polen bauen zwar schon lange Komponenten, setzten sie aber bislang noch nicht selbst zu einem Auto zusammen.
Das soll Izera ändern und die polnischen Zulieferer gleichzeitig dazu motivieren, auch in Komponenten für Elektromobilität zu investieren. Denn Auspuffe, Getriebe oder Kupplungen brauchen E-Autos nicht und dürften so immer weniger gefragt sein. Damit mit der Autoindustrie der zweitgrösste Industriezweig und Arbeitgeber Polens nicht plötzlich einbricht, soll Izera vor allem auf Komponenten der eigenen Zulieferer zurückgreifen.
Entwicklungshilfe aus Italien und Deutschland?
Für die beiden ersten, vorgestellten Prototypen haben sich die Polen noch Hilfe aus dem Mutterland des Auto-Designs geholt, aus Italien. Das Studio Torino Design hat den Kompaktwagen und den SUV von Izera zusammen mit dem polnischen Designer Tomasz Jelec (früher Jaguar) entworfen. Und die gefallen mit ihrer schnittigen Form. Auch das Cockpit mit digitalen Instrumenten und Touchscreen fürs Multimediasystem passt.
Um wie geplant schon 2023 auf den Markt zu kommen, will Izera die technische Plattform einkaufen. Dazu ist die neue polnische Marke angeblich schon mit zwei potenziellen Partnern in Kontakt. Namen nennt Izera noch keine, aber ganz oben auf der Liste dürfte wohl VWs modularer Elektrobaukasten (MEB) des ID.3 stehen, den VW sowieso verkaufen will, um die E-Modelle ohne Verluste zu günstigen Preisen anbieten zu können. Andere Alternativen sind wohl Peugeot (e-208) oder Hyundai (Kona Electric). Auch Namen wie Toyota und Tesla werden im Netz herumgeboten.
Wirklich auf den Spuren von Tesla?
Aber mit Tesla dürften die Izera-Stromer wohl wenig gemeinsam haben. Die Polen streben eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in acht Sekunden an. In der Zeit entschwinden Model 3, Model S und Model X schon fast am Horizont. Auch eine Reichweite von bis zu 400 Kilometern wird von den meisten Tesla übertroffen. Diese technischen Daten – mehr gibts noch nicht – sprechen daher eher für VW- oder Peugeot-Technik.
Stolz kündet Izera zudem an, seine Stromer mit zwei verschieden grossen Akkus anzubieten. Dazu sind Spurhalteassistent, Kollisions- und Totwinkelwarner sowie Verkehrszeichenerkennung an Bord. Doch andere Fragen bleiben leider noch offen. So äussert sich Izera nicht zur Finanzierung, den Batterielieferanten oder dem angepeilten Verkaufspreis. Nur so viel lassen die Polen durchblicken: Durch ein Finanzierungskonzept sollen die Izera in etwa so viel kosten wie ein vergleichbarer Diesel.