Foto: Philippe Rossier

Mercedes-AMG-Chef Tobias Moers im grossen Interview
«Da goht sogar guat!»

Zur Einweihung des elften Schweizer Performance-Centers von Mercedes-AMG treffen wir in Steinhausen ZG exklusiv den AMG-Boss: Locker und nahbar wie eh und je, spricht Tobias Moers (52) mit uns über Elektro und Sound – und verrät, wieso er Schweizerdeutsch kann.
Publiziert: 24.02.2019 um 10:33 Uhr
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Aktualisiert: 02.09.2020 um 12:53 Uhr
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Mercedes-AMG-Boss Tobias Moers (52) im neuen Performance-Center von Mercedes-AMG in Steinhausen ZG.
Foto: Philippe Rossier
Foto: Thomas Meier. Zürich, 01.06.21. Portraits der Blick Redaktion Zürich. Blick, Blick TV, Portraits, Mitarbeiterportraits, Blickgruppe. Timothy Pfannkuchen
Timothy PfannkuchenRedaktor Auto & Mobilität

Herr Moers, willkommen in der Schweiz! Man hört, Sie sprächen Schweizerdeutsch?
Tobias Moers:
Ja, da goht sogar guat! I han ja emol z Hinwil und z Aadorf gschaffet. (lacht) Na ja, gut, nach einem Tag Übung gehts. Ich bin Schweiz-Fan! Ich bin gerne und oft hier, etwa zum Skifahren.

Wie wichtig ist die Schweiz für Mercedes-AMG?
Sehr! Beim Volumen Platz sechs, beim Anteil am Mercedes-Absatz nach Kanada, Australien und dem Mittleren Osten Platz vier. Und da gibts sicher noch Potenzial.

Ihr Absatz ist jüngst quasi explodiert: Als Sie vom Chefentwickler zum CEO wurden, warens 32’000, vier Jahre später 132’000 AMGs. Schadet das nicht der Exklusivität?
Eine gute Frage und wichtige Diskussion. Ich glaube nicht, dass es schadet. Ein Mercedes ist per se exklusiv, ein Mercedes-AMG noch exklusiver. Solange in jedem Auto unsere DNA steckt, bleibts exklusiv. Ich will keine reine Highend-, sondern eine nahbare Performance-Marke. Der eher «spielerisch» positionierte A 35 etwa erreicht neue Zielgruppen, die prima zu uns passen.

Aber brauchts Kinkerlitzchen wie eine AMG-Line für die V-Klasse?
Die AMG-Line ist etabliert und extrem gut nachgefragt. Klar gibts beim Modellangebot auch Grenzen: B 35 oder X 63 wird es nicht geben. Aber wir differenzieren künftig noch klarer, was «echte» AMGs sind.

Wird es je einen AMG ohne den Vornamen Mercedes geben?
Auf keinen Fall! Mercedes ist Sicherheit, Zuverlässigkeit, höchster Qualitätsanspruch und AMG Emotionalität, Rennsport und Performance. Diese Kombination ist untrennbar.

Als Sie 1994 zu AMG kamen, hatten Sie 120 Kollegen, die als die verrückte Truppe im Hause Mercedes galten. Heute sinds über 1700 Mitarbeiter. Wie freakig gehts da noch?
Diese Mentalität ist unsere DNA: Wir kommen aus dem Motorsport, hier zählen Teamarbeit, Kreativität und Höchstleistung. Wir tun viel, um dieses Selbstverständnis, diesen Spirit zu bewahren, und sind zum Beispiel alle per Du.

Wäre noch ein Diesel-AMG wie einst der C 30 CDI denkbar?
Nein. Der Diesel war in Europa sehr erfolgreich, aber die Zukunft im Performance-Segment liegt im elektrifizierten Benziner.

Ihre Strategie ist konsequente Elektrifizierung?
Spricht man von 48 Volt, ist alles ab 2020 elektrifiziert. Aber wir entwickeln eigene Performance-Hybride. Wir bringen vor allem im 63er-Segment Hybride – vorne Benzin, hinten Elektro sowie eine eigene Batterie, um die Leistung wirklich absetzen zu können.

Ist Hybrid für Ihre Kunden nicht AMG zweiter Klasse?
Keinesfalls. Ich bin sicher, dass wir den allergrössten Teil der Kunden mit in die Zukunft nehmen. Wir sind im ständigen Austausch mit unseren Kunden, und ein solches Fahrzeug wird ja ohne Kompromisse ein echter AMG sein. So reden wir in der Summe beim Achtzylinder von deutlich mehr PS als beim heutigen 63er.

Schon 2013 gabs den vollelektrischen SLS Electric Drive. Wann gehts weiter?
Der Antrieb des SLS Electric Drive, mit dem alles begann, wird ja heute fleissig kopiert. Wir sehen für AMG-Modelle in elektrifizierten Antriebssträngen die Zukunft. Ab 2020 gehen wir den Weg der Hybridisierung.

Wir versuchen, uns einen soundfreien Elektro-AMG vorzustellen. Es gelingt uns nicht.
Sound ist ein Riesenthema! Den Sound eines Verbrenners für ein elektrifiziertes Fahrzeug zu kopieren, wäre platt. Wir haben ein sehr innovatives Team in Affalterbach zum Thema Future Sound und arbeiten sogar mit Gamern und Mike Shinoda von Linkin Park zusammen. Es kann cool sein, ganz leise zu fahren, aber wir sind alle «sozialisiert» vom Verbrenner. Will man Performance akustisch transportieren, landet man also immer bei tieffrequentem Sound.

Brauchts den One mit 1054 PS wirklich als Spitze Ihrer Produktpyramide?
Als ich zum CEO wurde, dachte ich nicht, wir seien reif für Supersportler. Aber unsere Kunden waren es! Für mich war klar: Wenn wir so ein Hypercar aufsetzen, dann muss es ein absolut innovatives Konzept sein: F1-Motor, F1-Batterie mit vervierfachter Kapazität, E-Turbo zum Rekuperieren. Daraus ergeben sich für uns Lernfelder und technisches Know-how, das in die Entwicklung zukünftiger Modelle einfliesst. Ein solches Projekt besitzt also ganz enormes Innovationspotenzial.

Was wird eigentlich aus den 65ern, also dem Zwölfzylinder?
Der Zwölfzylinder wird bei AMG auslaufen. Wir werden den Motor jedoch für andere Konzernmarken weiterbauen. AMG wird mit der Hybridisierung in der Spitze künftig einen anderen Weg gehen.

Apropos anderer Weg: Braucht AMG heute noch Motorsport?
Unbedingt! Zur Formel 1 kann ich nichts sagen, aber Kundensport ist unglaublich wichtig für Mercedes-AMG und dient der Kundenbindung. In der GT4 sind wir Marktführer, 2018 waren wir sehr erfolgreich im GT3- wie GT4-Motorsport.

Sie galten immer als jemand, der selbst mit Hand anlegt. Geht das als CEO noch?
Aber ja! Ich hoffe, ich wirke nicht, als hätte sich das verändert. (lacht) Morgen früh gehts zu Rennstrecken-Tests in Spanien.

Übernächste Woche ist Genfer Autosalon. Zeigen Sie uns dort schon A 45 und CLA 45, die laut Gerüchten bis zu 420 PS per Allrad auf die Strasse bringen?
Ich weiss nicht, wovon Sie sprechen. (lacht) Nein, da müssen Sie sich leider noch ein bisschen gedulden. Das Facelift des GLC ist in Genf ein Thema, eine GT-R-Variante – und den Rest sehen wir am Lac Léman.

Der Mann und die Marke: Tobias Moers und Mercedes-AMG

Tobias Moers (52) stammt aus Freiburg im Breisgau (D), ist Diplom-Wirtschaftsingenieur und Vater zweier Kinder. Nach dem Einstieg bei AMG 1994 wurde er 2002 Entwicklungschef und 2013 Vorsitzender der Geschäftsführung, sprich CEO. Die heutige Mercedes-AMG GmbH in Affalterbach (D) wurde 1967 als AMG gegründet und war lange Mercedes-Haustuner, ehe der C 36 AMG 1993 als erster «offizieller» AMG-Mercedes kam. Seit 1999 gehört AMG zu Daimler und ist eine eigenständige Sportmarke. Völlig eigenständige Modelle sind One und AMG GT (Coupé, Roadster und neuer Viertürer). Von den Mercedes-Fahrzeugen gibts meist je ein Einstiegs- und ein «Performance»-Modell, also etwa bei der E-Klasse E 53 und E 63. In der Schweiz waren 2018 von 3772 verkauften AMGs die Typen GLC 43, GLC 63 und C 43 die beliebtesten.

Tobias Moers (52) stammt aus Freiburg im Breisgau (D), ist Diplom-Wirtschaftsingenieur und Vater zweier Kinder. Nach dem Einstieg bei AMG 1994 wurde er 2002 Entwicklungschef und 2013 Vorsitzender der Geschäftsführung, sprich CEO. Die heutige Mercedes-AMG GmbH in Affalterbach (D) wurde 1967 als AMG gegründet und war lange Mercedes-Haustuner, ehe der C 36 AMG 1993 als erster «offizieller» AMG-Mercedes kam. Seit 1999 gehört AMG zu Daimler und ist eine eigenständige Sportmarke. Völlig eigenständige Modelle sind One und AMG GT (Coupé, Roadster und neuer Viertürer). Von den Mercedes-Fahrzeugen gibts meist je ein Einstiegs- und ein «Performance»-Modell, also etwa bei der E-Klasse E 53 und E 63. In der Schweiz waren 2018 von 3772 verkauften AMGs die Typen GLC 43, GLC 63 und C 43 die beliebtesten.

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