Vor fünf Jahrzehnten erblickte der Miura das Licht der Welt und befeuert bis heute die Phantasien echter Car Guys. Mit diesem Sportwagen begann der Mythos der Marke Lamborghini aus Sant’Agata Bolognese. Die Legende will es, dass Ferruccio Lamborghini aus Verärgerung über die Ferrari-Arroganz dem Sportwagenbauer eins auswischen wollte. Der Miura sollte den ungeliebten Platzhirschen auf die Hörner nehmen, und dem Konkurrenten Ferrari 365 «Daytona» zeigen, wo‘s langgeht. Die Technik war kompromisslos und schöpfte das Technik-Arsenal der damaligen Zeit voll aus: Ein Brutalo-V12-Motor mit zunächst 350 PS und später 385 PS, vor der Hinterachse montiert, befeuerte das 1,2 Tonnen Geschoss auf unglaubliche 274 km/h beziehungsweise 285 km/h Spitze beim Super Veloce. Die Stars liebten die Schönheit aus Norditalien. Das Schotten-Reibeisen Rod Stewart holte sich einen und gar zwei Protagonisten des legendären «Rat Packs», Dean Martin und Frank Sinatra. «Wenn du jemand sein willst, kaufst du einen Ferrari. Wenn du jemand bist, kaufst du einen Lamborghini», soll Frank «The Voice» gewohnt pointiert gesagt haben.
Ein kreischendes Monster
Unser Erstkontakt mit der rollenden Ikone und dem Kürzel SV auf der Karosserie ist mühsam. Kleine Sitzschalen und ein flaches Dach zwingen mich zu einer ersten Turnübung beim Einsteigen. Ein kurzer Dreh am Zündschlüssel und das Vierliter-Biest erwacht knurrend zum Leben. Die Nüstern des potenten Sportlers befinden sich in den Türschwellern. Laut röchelnd inhaliert das Monster die Luft, um sie dann in die zwölf Brennräume zu pressen. Mit jedem Zentimeter, mit dem sich der Zeiger des Drehzahlmessers dem roten Bereich nähert, schwillt das Inferno im Rücken des Piloten an. Aus einem mechanisch unterlegten Grummeln wird ein Grollen und letztlich ein metallisches Sägen, Kreischen und Schreien – Gänsehaut pur. Die Lenkung ist direkt und der Miura legt für einen 50-jährigen Sportler eine erstaunlich gute Sohle aufs Parkett. Das Mittelmotorkonzept hilft beim Wedeln, lässt aber jederzeit auch die Bestie frei, wenn mans übertreibt. Die offene Fünfgang-Schaltkulisse verhöhnt mit jedem metallischen Klacken all die Automatik- und Doppelkupplungsgetriebe-Jünger. Einfach herrlich archaisch.
Wertvolle Ikone
Schon im dritten Gang sprintet der Miura in der Mitte des Drehzahlbandes 170 km/h schnell. Der quer eingebaute Alu-Motor bietet für damalige Zeiten fortschrittlichste Renntechnik: Zwei obenliegende Nockenwellen pro Zylinderbank waren bei Strassenwagen eine Rarität. Mit jedem Meter Asphalt, den der italienische Stier zurücklegt, wächst das Vertrauen in sein Können und auch das Begehren, diese Ikone in der eigenen Garage stehen zu haben. Leider muss man sagen, denn unter 1,5 Millionen Franken ist derzeit kaum ein Miura zu bekommen. Angemessen für eine Ikone auf vier Rädern.