Fahren wäre übertrieben. Wir promenieren mit Schritttempo im Konvoi hinter einem mächtigen Dodge-Pickup und vor einer gepimpten Corvette mit wummernden Bässen den Ocean Drive hoch. Und obwohl hier an der Partymeile fast an jeder Ecke irgend ein chromblitzender Sportbolide steht, fallen wir mit unserem mattgrauen Spyder und den optionalen knallorange abgesetzten Rennschalensitzen auf: «Give me Five», schreit ein vorbeigehender Muskelprotz begeistert und fuchtelt mit seiner mächtigen Pranke im Cockpit herum. Ein anderer springt wie Rumpelstilzchen um unser Auto und knipst verzückt mit seinem Handy aus allen Lagen.

Der neue Lamborghini Huracan Spyder gefällt dem bolidenverwöhnten Publikum in Miami. Das ist nicht unwichtig, verkaufen die Italiener doch weit mehr als ein Drittel all ihrer Autos nach Amerika – und bestimmt viele davon in den Sonnenstaat Florida.

Auch uns gefällt der offene Huracan, der sich mit seinem 5,2-Liter-V10-Sauger (610 PS, 560 Nm) technisch kaum vom Coupé unterscheidet. Seine zusätzlichen 120 Kilo fallen nicht ins Gewicht und beeinträchtigen die Fahrwerte des Allradlers kaum (0-100 km/h in 3,4 s, Spitze 324 km/h).

Der betörende V10-Sound lässt sich beim in 17 Sekunden elektrisch öffnenden Stoffdach noch ungefilterter geniessen. Zur flachen Frontscheibe sorgen zudem ein transparentes Windschott hinten und zwei zusätzliche Windabweiser im Schulterbereich dafür, dass es vermutlich auch bei höheren Tempi nicht zum orkanartigen Sturm im Cockpit kommt.

Apropos höhere Tempi: Konnten wir leider nicht fahren. Zu dichter Verkehr an der Strandmeile, zu viele aufmerksame Sheriffs auf den restlichen Strassen. Aber der offene Huracan machte auch so Spass – zudem konnten wir uns wenigstens von seiner Zylinderabschaltung und der Stopp-/Start-Automatik überzeugen. Und der Preis? 246'400 Franken plus Mehrwertsteuer. In Miami Beach erschreckt dies niemanden...