Von einem «bewegten Autojahr» spricht der Importeursverband Auto Schweiz: Erstmals seit acht Jahren wurden 2018 in der Schweiz weniger als 300'000 Autos neu zugelassen. Mit exakt 299‘716 Auslieferungen schlitterte die Autobranche knapp an der magischen Grenze vorbei – 2017 wurden noch über 314‘000 Autos neu eingelöst. Die Begründung von Auto-Schweiz-Sprecher Christoph Wolnik: «Der Rückgang ist mit der Einführung des neuen, deutlich aufwendigeren Testzyklus WLTP im vergangenen September erklärbar.»
VW-Marken auf Talfahrt
Das klingt erst einmal plausibel: Besonders der VW-Konzern mit den Marken Audi, Seat, Skoda und Volkswagen klagte letztes Jahr immer wieder über die kurze Übergangsfrist auf die neue Abgasnorm, welche dann letztlich zu massiven Lieferverzögerungen in ganz Europa führte. Auch in der Schweiz. Alle Konzernmarken haben 2018 weniger Autos verkauft als noch ein Jahr zuvor: Besonders deutlich Audi (18'380 Zulassungen/-10,9 %) und VW (32'950/-8,4 %), etwas weniger Skoda (19'160/-6,9 %) und Seat (11'470/-4,9 %). «Ja, wir haben den WLTP-Effekt ab September gespürt», bestätigt Amag-Sprecher Dino Graf: «Darum waren am Schluss auch die Zahlen tiefer als im Vorjahr.»
WLTP alleine nicht Schuld
Allein die Umstellung auf den neuen WLTP-Zyklus kann aber nicht Schuld am Verkaufsrückgang sein. Denn auch Marken, die all ihre Modelle letztes Jahr schon frühzeitig nach WLTP prüfen liessen, haben mit teils heftigen Verkaufsrückgängen zu kämpfen. So etwa Mazda (6230 Zulassungen/-21 %), Opel (11'930/-15 %), Renault (12'730/-8,4 %) oder Toyota (9510/-7,8 %). Auf der anderen Seite gibt es aber auch Marken, die zum Jahresende ein positives Fazit ziehen konnten. Zu den grössten Gewinnern zählen Mitsubishi (4550/+47,8 %), Jeep (4840/+40,1 %), Kia (4880/+27,2 %) und Ford (15'190/+9,4 %).
Mercedes vor BMW
Auch bei den Premium-Herstellern blieben die Zulassungszahlen ausser bei Audi stabil. Spitzenreiter mit über 25'600 Verkäufen und einem nur leichten Rückgang von 1,6 Prozent ist wie im Vorjahr Mercedes vor BMW (24'200/-2,6 %) und eben Audi (18'380/-10,9 %). Zulegen konnte Jaguar mit einem satten Plus von 51,2 Prozent (1960) und Schwestermarke Land-Rover (3800/+7,4 %) sowie der schwedische Autobauer Volvo (8120/+8,3 %).
Einbruch bei Diesel-Verkäufen
Beim Blick auf die Antriebsarten setzt sich der Trend der jüngeren Vergangenheit fort: Der Marktanteil bei Fahrzeugen mit Allradantrieb steigt weiter von 47,5 auf 49,1 Prozent – somit war fast jeder zweite verkaufte Neuwagen 2018 ein 4x4! Einen regelrechten Einbruch erlebten hingegen Dieselautos. Ihr Marktanteil sank im Vergleich zu 2017 von 36 auf nur noch 30 Prozent. Bei den Verkäufen resultierte ein Rückgang von 20,4 Prozent auf noch rund 90'000 Autos.
Noch wenig reine E-Autos
Wenig überraschend konnten Fahrzeuge mit Alternativ-Antrieb letztes Jahr deutlich zulegen. Mit rund 21'600 Zulassungen resultierte ein Plus von knapp 23 Prozent. Der Marktanteil stieg von 5,6 auf 7,2 Prozent. Betrachtet man allerdings nur die reinen Elektroautos, sieht die Bilanz weniger prickelnd aus: Mit rund 5400 Zulassungen bleibt ihr Marktanteil bei verschwindend kleinen 1,8 Prozent. Um das von Auto-Schweiz definierte Ziel von zehn Prozent E-Autos bis 2020 zu schaffen, müssen sich also noch deutlich mehr Käufer für einen reinen Stromer entscheiden.