SonntagsBlick: Herr Porsche, wie fühlt es sich an, Ihre Familiengeschichte hier auf der Rennstrecke vorbeifahren zu sehen?
Wolfgang Porsche: Es ist überwältigend. Und es schwingt ein gewisser Stolz mit, wie viele Autos hier sind, und wie viel Freude wir Kunden und Fans bereiten. In der Vergangenheit gab es immer mal Stimmen, dass die Porsche-Clubs gar nicht so wichtig seien. Wenn ich aber bedenke, dass allein der Porsche-Club USA, der dieses Event mitorganisiert hat, 100'000 Mitglieder hat, sollte jeder erkennen, dass solche Veranstaltungen die wirkungsvollsten Instrumente sind für eine enge Kundenbindung.
Sie waren fünfjährig, als Ihr Vater Ferry den Sportwagenhersteller Porsche gründete. Wie erlebten Sie die Anfänge?Zu Beginn gar nicht, da war ich noch zu klein (lacht). Aber zwei, drei Jahre später, als wir von Österreich wieder zurück nach Stuttgart zogen und mein Vater jeden Mittag nach Hause kam, kurz etwas ass und dann eine Viertelstunde schlief. Wenn er danach wieder ins Büro ging, durfte ich ab und zu mit und überall im Werk herumstreunern. Am Abend sammelte er mich dann wieder ein. In der heutigen Zeit unvorstellbar.
Vorbestimmter Weg?
Zeichnete sich Ihr späterer Werdegang also von klein auf ab?
Nein, nicht direkt. Es hat sich halt so ergeben. Nach meinem Studienabschluss als Diplom-Kaufmann war ich erst bei Daimler und habe dann selbst eine Firma gegründet, als Importeur für Yamaha-Motorräder in Österreich und Ungarn. Ich sagte damals: Es gibt so viele Techniker unter uns Porsches, da kann sich auch einer mal nur um Zahlen kümmern. 1978 wurde ich dann in den Aufsichtsrat von Porsche berufen.
Was haben Sie von Ihrem Vater gelernt?
Wie man richtig mit Menschen umgeht. Dass sie wichtig für ein Unternehmen sind und dass man mit ihnen reden muss. Mein Vater hat die meisten Mitarbeiter noch persönlich gekannt. Das ist heute leider nicht mehr möglich. Noch vor zehn Jahren hatte die Porsche AG 13'000 Mitarbeiter, heute sind es mehr als 30'000. Dennoch ist es wichtig, aus Mitarbeitern Porscheaner zu machen – der Porsche-Geist muss da sein. Deshalb versuche ich, soweit möglich, bei Mitarbeiter-Anlässen, aber auch grösseren Veranstaltungen wie dieser hier dabei zu sein.
Auch SUV sind echte Porsche
Im Porsche-Magazin Christophorus liess sich Wolfgang Porsche dieses Jahr wie folgt zitieren: «Wir leben leider immer mehr in einer Ich-Gesellschaft. Der Egozentrismus von Menschen – besonders in der Wirtschaft – hat mittlerweile ein Stadium erreicht, das ich ablehne. Ich setze auf das ‚Wir‘.» Wie andere Autobauer setzt auch Porsche in den vergangenen Jahren immer stärker auf die boomenden SUV – sie machen mittlerweile deutlich mehr als die Hälfte der Stückzahlen aus.
Sind nicht gerade die riesigen SUV wie der Cayenne Ausdruck des von Ihnen kritisierten Egozentrismus? Der Stärkere gewinnt – auch auf der Strasse?
Nein, das sehe ich nicht so. Alle Autos sind grösser geworden. Man muss sich nur mal alte Parkgaragen anschauen, da kommt man mit einem aktuellen 911er auch schwieriger rein als mit einem Modell von vor 30 Jahren. Ich glaube, ein grösseres Auto vermittelt mehr Sicherheit. Viele Menschen haben gerne den Überblick. Und bei höherer Sitzposition sehen sie auch besser raus.
Aber sind SUV überhaupt noch richtige Porsche?
Porsche steht für sportliches Fahren. Mit dem Cayenne und dem Macan haben wir im SUV-Segment sehr leistungsstarke und hochqualitative Sportwagen etabliert. Auch das zeichnet Porsche aus. Denn mangelnde Qualität verzeiht ein Porsche-Kunde nicht. Jeder Porsche ist ein echter Sportwagen – egal, in welchem Segment.
Sie sprechen die Exklusivität Ihrer Fahrzeuge an?
Genau. Ich sage immer: Wir sollten lieber ein Auto zu wenig bauen als eines zu viel. Es wäre der falsche Weg, 20'000 Autos mehr zu produzieren, nur um unsere Werke voll auszulasten oder die Nachfrage schneller zu befriedigen. Wir müssen unsere Exklusivität bewahren und uns nicht nach jedem Quäntchen recken. Ich möchte damit aber nicht sagen, dass es pro Jahr nur 250'000 oder 300'000 Fahrzeuge sein dürfen. Das muss man schon im Verhältnis zum Weltmarkt sehen. Unser Anteil liegt bei etwa 0,3 Prozent. Ich glaube, das ist exklusiv.
Die Porsche-DNA
Was macht Porsche für Sie aus?
Wir bleiben immer am Boden. Und wir verzichten auf Dinge, die nicht zu uns passen. Protz beispielsweise passt nicht zu Porsche. Masse auch nicht. Und schlechte Qualität schon gar nicht. In den 1990er-Jahren fragten wir uns tatsächlich selbst, was einen Porsche ausmacht. Vier Räder haben die anderen schliesslich auch. Für Porsche gilt: Der Wert des Autos muss sich nicht in dem äussern, was man sieht, sondern in dem, was man erfühlt. Wir brauchen keine Schnörkel drumherum. Schon mein Bruder Ferdinand Alexander, der Designer bei Porsche war, predigte immer Purismus. Zentral ist für mich gute Qualität, zeitloses Design und Bodenständigkeit.
Engagiert sich Porsche auch abseits des Autogeschäfts?
Wir engagieren uns in vielen Bereichen für die Gesellschaft: Wir fördern beispielsweise das Stuttgarter Ballett, das Leipziger Gewandhaus-Orchester oder junge Fussball-Talente. Zuletzt haben wir anlässlich des 70-jährigen Markenjubiläums die Ferry-Porsche-Stiftung gegründet. Sie unterstützt vor allem Projekte in den Bereichen Bildung und Soziales und ist in der Kinder- und Jugendförderung aktiv. Allerdings bin ich der Meinung, dass wir solche Dinge lieber still und leise tun sollten, anstatt sie an die grosse Glocke zu hängen. Nach dem Motto: Tu’ Gutes und schweig’ drüber.
Porsche und Elektromobilität
Nach der Hybridisierung der Baureihen Cayenne und Panamera kommt 2019 mit dem Taycan der erste rein elektrische Porsche auf den Markt. Und vor kurzem hat der Aufsichtsrat auch der Serienfertigung des Taycan Cross Turismo zugestimmt.
Verlieren Sportwagenbauer wie Porsche mit dem E-Antrieb nicht ihren Mythos und ihre Identität?
Ich hoffe zwar, dass es den Verbrenner noch lange geben wird. Aber Elektromobilität und Porsche passen sehr gut zusammen – nicht nur wegen der Effizienz, sondern auch wegen der sportlichen Eigenschaften, wie etwa beim Beschleunigen. Und um die CO2-Verbrauchsziele zu erreichen, brauchen wir rein elektrische Modelle. Damit wir jedoch wirklich CO2-frei fahren, sollte der Strom aus regenerativen Quellen stammen. Sportliche Autos sind grundsätzlich mit allen Antrieben möglich. Ich zum Beispiel fahre einen Panamera Turbo S E-Hybrid – ein tolles Auto. Von Salzburg nach Mailand über den Brennerpass brauche ich im Schnitt 9,8 Liter. Nicht schlecht für ein Auto mit fast 700 PS.
Bis wir autonom fahren, ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit. Können Sie sich einen autonom fahrende Porsche vorstellen?
Partiell sicher, etwa auf der Autobahn im dichten Verkehr. Aber ich sage Ihnen ehrlich: Den Grossglockner hinauf werde ich immer lieber selbst fahren (lacht).
Wolfgang Porsches Grossvater Ferdinand gilt als der Erfinder des KdF-Wagens – des im 2. Weltkrieg entwickelten Vorläufers des VW Käfers. Und Vater Ferdinand «Ferry» Porsche gründete vor 70 Jahren die heute weltbekannte Sportwagenmarke. Seit 1978 sitzt Wolfgang Porsche (75) im Aufsichtsrat der Porsche AG, übernahm 2007 den Aufsichtsratsvorsitz der AG sowie der neu gegründeten Beteiligungsgesellschaft Porsche SE, die heute über 50 Prozent der Stammaktien der Volkswagen AG hält. Die jahrelange Rivalität mit Cousin Ferdinand Piëch innerhalb der Porsche-/Piëch-Dynastie gipfelte 2015 im Abgang Piëchs als Aufsichtsratsvorsitzendem der Volkswagen AG und dem überraschenden Verkauf all seiner Anteile an der Porsche SE Ende 2017 an andere Familienmitglieder. Nur wenige Monate nach Piëchs Abgang kam der Dieselskandal ans Licht, von dem auch Porsche nicht unberührt blieb. Vor kurzem kommunizierte der Sportwagenbauer, künftig auf Diesel als Antrieb zu verzichten.
Wolfgang Porsches Grossvater Ferdinand gilt als der Erfinder des KdF-Wagens – des im 2. Weltkrieg entwickelten Vorläufers des VW Käfers. Und Vater Ferdinand «Ferry» Porsche gründete vor 70 Jahren die heute weltbekannte Sportwagenmarke. Seit 1978 sitzt Wolfgang Porsche (75) im Aufsichtsrat der Porsche AG, übernahm 2007 den Aufsichtsratsvorsitz der AG sowie der neu gegründeten Beteiligungsgesellschaft Porsche SE, die heute über 50 Prozent der Stammaktien der Volkswagen AG hält. Die jahrelange Rivalität mit Cousin Ferdinand Piëch innerhalb der Porsche-/Piëch-Dynastie gipfelte 2015 im Abgang Piëchs als Aufsichtsratsvorsitzendem der Volkswagen AG und dem überraschenden Verkauf all seiner Anteile an der Porsche SE Ende 2017 an andere Familienmitglieder. Nur wenige Monate nach Piëchs Abgang kam der Dieselskandal ans Licht, von dem auch Porsche nicht unberührt blieb. Vor kurzem kommunizierte der Sportwagenbauer, künftig auf Diesel als Antrieb zu verzichten.