Mercedes S-Klasse Coupé C 140 beim ESP-Test
Foto: Werk

ESP verhindert Ausbrechen beim Auto
Diese Hilfe wollte niemand

Seit über zwei Jahrzehnten rettet das Elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) beim Autofahren Leib und Leben. Anfangs aber war am System eines holländischen Ingenieurs keiner interessiert.
Publiziert: 17.10.2019 um 17:45 Uhr
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So kam das Elektronische Stabilitätsprogramm ins Auto: Im Oktober 1997 kippte bei Ausweichmanövern – dem sogenannten Elchtest – einem schwedischen Fachjournalisten die neue Mercedes A-Klasse um.
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Stefan Grundhoff und Timothy Pfannkuchen

Am 21. Oktober vor 22 Jahren legte ein schwedischer Journalist die damals taufrische Mercedes A-Klasse beim Ausweichmanöver aufs Dach. Doch statt abzuwiegeln, ging der Stuttgarter Autobauer in die Offensive. Fortan wurde serienmässig das Elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) in den Kompaktwagen eingebaut. Der wurde so vom Umfaller zum Sicherheitsvorbild, spurte ab da brav in Kurven und zwang die Konkurrenz zum Nachziehen.

Doch zuerst sollte der Crashvermeider ESP ironischerweise beim Crashen helfen: Als der Bosch-Ingenieur Anton van Zanten (78) das System erdachte, brachen Autos oft erst schleudernd aus und knallten dann mit der empfindlichen Flanke voran ins Unglück. ESP sollte die Autos stabilisieren, damit man mit der viel mehr Energie abbauenden Front trifft.

Bremsen statt ausbrechen

Und so funktionierts: Wenn einzelne Räder den Grip auf dem Asphalt verlieren – durch Nässe, Eis oder zu hohes Tempo –, hält das ESP das Auto durch gezielten Bremseingriff an einzelnen Rädern auf dem gelenkten Kurs und verhindert ein Ausbrechen und erst recht das Umkippen.

Nur: «Niemand wollte es haben», erzählt der gebürtige Niederländer, der seit 1977 beim deutschen Autozulieferer Bosch am Antiblockiersystem (ABS), auf dem das ESP basiert, arbeitete – und dabei jenes System erdachte, das das Auto ganz ohne Zutun des Fahrers wieder stabilisieren konnte. Anfang der 1990er zog van Zanten für Bosch mit der versuchsweise in einem Mercedes und einem BMW eingebauten «Fahr-Dynamik-Regelung» (FDR) vier Jahre lang von Marke zu Marke. «Nur Toyota war interessiert, weil sie parallel daran arbeiteten», sagt van Zanten. «BMW hat uns nur belächelt. Erst als sie hörten, dass Mercedes es doch will, wollten sie auch.»

Erst Luxus, heute Standard

Mercedes hatte nach Sicherheitszelle mit Knautschzone (1959), elektronischem ABS (1978, mit Bosch) und erstem erfolgreichem Airbag (1981) einen Ruf zu verteidigen. Das Kürzel wurde von FDR auf ESP geändert (weils mit «Electronic Stability Programm» auch auf Englisch funktioniert) – und 1995 startete das S-Klasse Coupé (für Fans: Baureihe C 140) mit dem Schleuderschutz.

Anfangs war es also ein Feature für Luxuskunden. Bis eben beim «Elchtest» 1997 die A-Klasse beim Ausweichmanöver umkippte. Dann wurde das ESP zur Normalität. Heute Standard, sind Unfälle mit Personenschaden dank ESP um bis zur Hälfte zurückgegangen, weil die Elektronik per Bremseingriff an einzelnen Rädern das Auto stabil hält und so viele Unfälle gleich ganz vermeidet. Solange man es nicht im Übermut ausschaltet.

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