Porsches Elektroautos haben es zurzeit nicht einfach. So steht der neue Lotus Emeya bereits in den Startlöchern und dürfte Porsches Stromer Taycan das Leben schwer machen. Weiter nördlich wird nun ein Konkurrent für den Macan nachgelegt: Polestars Nummer 4.
Doch der SUV-Coupe aus Schweden hat bereits lange vor seiner Veröffentlichung für Aufregung gesorgt. Dem neusten Streich der Geely-Tochter fehlt nämlich etwas, das in der Regel in jedem Auto zu finden ist: die Heckscheibe.
Kamerapflicht
Cool fürs Design, aber schwierig im Alltag. Deshalb sendet eine Kamera im Heck ihr Live-Bild direkt auf den digitalen Innenspiegel und soll so für Rücksicht sorgen. Vorteil: Die Kamera hat alles im Blick und bietet eine freie Sicht hinter das Auto. Doch der Bildschirm statt klassischem Innenspiegel wird spätestens für Personen mit Gleitsichtbrille zur ärgerlichen Angelegenheit. Eine Alternative gibt es nicht. Doch die Designer versichern uns zumindest, dass man sich nach wenigen Tagen an den Bildschirm gewöhne.
Polestar-CEO Thomas Ingenlath sieht nicht nur deshalb den Polestar 4 als eine «neue Art SUV» mit Fokus auf Komfort im Fond. Sitzprobe in der zweiten Reihe: Es bleibt überraschend viel Kopf- sowie Beinfreiheit; die Sitze lassen sich gar elektrisch verstellen. Möglich ist das dank der fehlenden Heckscheibe und einem Radstand von knapp drei Metern.
Grosse Reichweiten
Das geschlossene Heck lässt auch eine für die Grösse des Innenraums geringe Dachhöhe (1,53 m), die dem 4,8 Meter langen Polestar 4 bei der Aerodynamik und damit der Reichweite hilft. Die Single-Motor-Variante mit Heckantrieb und 272 PS (200 kW) erreicht 620 Kilometer im WLTP-Zyklus, die 544 PS (400 kW) starke Dual-Motor-Version kommt auf immerhin 590 Kilometer.
Ein niedriges Dach, geräumiger Innenraum, grosse Reichweite: Technik und Konzeption erinnern an den Polestar 3, der ebenfalls kürzlich vorgestellt wurde. Beiden Fahrzeuge sind sich in Design-Philosophie und Fahrgefühl ähnlich – der 4 zieht im Vergleich aber nochmals deutlich die Performance-Schraube an.
Flinkes Goldstück
Das Leistungsplus in der Dual-Motor-Version wirkt eindrücklich: Der 4 nimmt dem Polestar 3 von Tempo 0 auf 100 nochmals fast eine Sekunde ab und schafft den Sprint in nur 3,8 Sekunden. Mit seinen 544 PS und 686 Newtonmeter Drehmoment ist er zugleich auch das stärkste Polestar-Serienauto aller Zeiten.
Entsprechend sportlich fährt sich der 2,2 Tonne schwere SUV. Auf Passstrassen helfen die direkte Lenkreaktion mit den aktiven Stossdämpfern um die Kurven; im Performance-Modus gehen beide Motoren an die Leistungsgrenze. Wer es gemütlicher mag, kann per 15,4-Zoll-Display auf komfortablere Lenk- und Federungseinstellungen wechseln. Auf langen Strecken empfiehlt sich der Wechsel vom Performance- in den effizienteren Long-Range-Modus, in dem nur noch der Motor an der Hinterachse arbeitet.
Schnell an der Wallbox
Ist der Strom dann alle, wird die 100-kWh-Batterie (Single und Dual Motor) am Schnelllader mit maximal 200 kW Ladeleistung in 30 Minuten von 10 auf 80 Prozent geladen. Im Vergleich zur Konkurrenz spielt Polestar noch nicht vorne mit, dafür beherrscht der 4 schon das noch seltene Laden mit 22 kW an einer Wallbox.
Preislich startet die Single-Motor-Version ab 63'900 Franken, für 7000 Franken mehr gibts die Topversion mit Allrad. Polestar bietet Zusatz-Pakete mit Optionen wie Head-up-Display, beheizten Rücksitzen oder einem Premium-Soundsystem an. Wie beim Polestar 3 gibt es auch ein Performance-Paket – allerdings ohne Leistungssteigerung, dafür mit 22-Zoll-Leichtmetallrädern, Brembo-Bremsen und Sportfahrwerk. Nur auf eines muss man definitiv verzichten: die Heckscheibe.