Britisches Wetter im sonst immer sonnigen Faro in Südportugal. Andy Palmer, CEO der Edel-Sportschmiede Aston Martin, sprüht dennoch vor Elan. Kein Wunder: Sein Unternehmen hat gerade das beste Jahr der Firmengeschichte hinter sich. Nie hat man im britischen Gaydon mehr Umsatz gemacht, nie gabs mehr Gewinn. «Jetzt ist es Zeit zu reinvestieren», sagt Palmer. «In den nächsten Jahren werden wir sieben neue Modelle lancieren, unter anderem den SUV DBX und zwei neue Lagonda.»
Sportlicher Auftritt aussen
Nach dem Gran Turismo DB11 folgt jetzt aber erst einmal der Vantage. «Er ist ein reinrassiger Sportwagen», schwärmt Palmer schon vor der Testfahrt. Und das sieht man: Im Vergleich zum Vorgänger unterscheidet sich der neue, 4,47 Meter lange Vantage nun deutlich von anderen Modellreihen – eine Vorgabe von Palmer an Chefdesigner Marek Reichman. Die typische Aston-Designsprache – Linien und Formen im goldenen Schnitt – ist dennoch überall zu erkennen. Egal ob an der spartanischen Front mit nacktem Riesen-Kühler-Schlund oder am wuchtigen Heck mit signifikantem Ducktail-Heckspoiler.
Eleganter Auftritt Innen
Wir öffnen die leicht nach oben aufschwingenden Türen des Coupés und steigen ein. Unser Blick schweift über edelste Materialien wie grosse Alcantara-Flächen und Karbonblenden. Wir erfühlen die hochwertigen Alu-Knöpfe und haben den wohlriechenden Duft der Ledersportsitze in der Nase. Unsere Sinne trübt einzig das mittige, etwas aufgesetzt wirkende Infotainment-Display. Hier hätte man bei Aston die Synergien mit dem Daimler-Konzern doch etwas besser kaschieren können.
Ein Mercedes-Motor...
An anderer Stelle stört die Zusammenarbeit mit der Mercedes-Sporttochter AMG dagegen ganz und gar nicht. Herzstück des britischen Supersportlers ist nämlich wie schon im DB11 der in Deutschland gebaute Vierliter-V8-Benziner von AMG. Dessen Twinturbo-Aufladung sorgt für eine Leistung von 510 PS und 685 Nm Drehmoment. Auf den Startknopf gedrückt – und vorbei ists mit der Ruhe. Los gehts auf die kurvenreichen Landstrassen der idyllischen Algarve.
...mit Aston-Sound
Unsere erste Erkenntnis: Der Achtzylinder hört sich überhaupt nicht nach AMG an. Und das ist gewollt: «Der Vantage sollte nach Aston klingen, nicht nach Mercedes», erklärt Palmer. Dazu haben die Ingenieure eine komplett neue Auspuffanlage konstruiert. Das Hämmern des V8 ist nun deutlich metallischer und heller als bei AMG. Die Wucht des Antriebs bleibt: 3,6 Sekunden vergehen bis zur 100-km/h-Marke, wobei der Vorwärtsdrang (bis maximal 314 km/h Spitze) auch danach nicht abreisst – massig Drehmoment sei Dank.
Suchtpotential garantiert
Das Gewicht von rund 1500 Kilo – Resultat der konsequenten Alu-Leichtbauweise – und die ideale Gewichtsverteilung im Verhältnis 50:50 kommen dem Vantage in den engen Kehren der Teststrecke zugute. Das erstmals in einem Aston verbaute elektronische Differential an der Hinterachse und die blitzschnelle Drehmomentverteilung machen den Hecktriebler zum perfekten Kurvenräuber mit Suchtpotenzial. Besonders gierig wird der Vantage im neuen, neben Sport und Sport+, verfügbaren Track-Modus: Die 8-Gang-Automatik haut die Gänge dann noch zackiger rein, der V8 röhrt aus voller Kehle und der Drang zum Übersteuern steigt – damit auch der Spassfaktor.
Spass auch auf der Rennstrecke
Dass die viele Power auf der Hinterachse aber auch eine gewisse Selbstdisziplin im Gasfuss braucht, merken wir später auf der Rennstrecke von Portimao. Der Dauerregen fordert Fahrer und Technik: Die Elektronik muss bei unsensibler Leistungszufuhr regeln, was das Zeug hält. Selbst geübte Fahrer wie Aston-Chefingenieur Craig Jamieson kommen da an ihre Grenzen. «Die Bedingungen sind wirklich nicht optimal», gesteht der Brite, der es sich trotzdem nicht nehmen lässt, uns die Grenzen der Physik aufzuzeigen und den Vantage im Drift durch die Kurven zu jagen.
Uns zeigts: Der neue Vantage ist eine Fahrmaschine durch und durch, der es mit einem Preis ab 173'900 Franken potenziellen Porsche-Käufern schwerer machen soll, sich für den 911er zu entscheiden. Exklusiver ist der Vantage allemal.