Vor zehn Jahren war eine Welt ohne Nokia undenkbar – dann kam das iPhone. Heute ist eine Welt ohne VW undenkbar – dann kam Tesla. Zur Frankfurter Heimmesse IAA steckt die deutsche Autoindustrie im Umbruch. Will sie nicht enden wie der Berliner Flughafen, muss sie die Ärmel hochkrempeln. Tut sie auch. Doch vor der Realität liegen noch Milliardeninvestitionen.
Das VW-Versprechen
«Wir haben verstanden und werden liefern», sagt VW-Boss Matthias Müller. Und zeigt VWs I.D.-Familie, die 2020 lossummt (Ziel: konzernweit 50 reine E-Modelle bis 2025). Müller leistet sich aber auch überflüssige Seitenhiebe gegen Tesla: «Der Durchbruch kommt nicht mit selbsternannten Pionieren.» Natürlich: Tesla baut weniger als 100 000 Autos im Jahr und verdient nichts. Ist aber 2025 jedes vierte Auto im VW-Konzern elektrisch (bis zu drei Mio im Jahr) und muss rentieren, sinds andere Dimensionen. Dennoch: Tesla hat das Model S seit 2012; das erste eigens entwickelte VW-Elektroprodukt, Audis E-Tron, kommt erst im Herbst 2018. Tesla hat 6300 Schnellader weltweit. BMW, Daimler, Ford und VW wollten 2017 mit 400 anfangen. Resultat bisher? Keins. Vielleicht sollte Müller da leisere Töne spucken als, «wir werden 2025 bei der E-Mobilität die Nummer 1 sein.»
Die Pläne von Mercedes und BMW
Andererseits: Grösstmögliche Zuversicht gehört zum Messehandwerk. So verkündet etwa Mercedes, Smart werde bis 2020 zur reinen Elektromarke! BMW plant zusätzlich zum i3 bis 2025 noch 25 E-Modelle. Unter PSA könnte Opel zur reinen E-Marke werden: An der IAA ists alleine Opels Ampera-e, der über 500 Kilometer Reichweite zum Kauf «liefert statt lafert».
Echte E-Autos fehlen noch
Wer mit Entwicklern spricht, hört Kritik – «aber bitte nicht zitieren.» Aufbruch? Ja, der sei da – aber in der Teppichetage fehle Einsicht. Dieselskandal? Nie gehört. Klar haben die Deutschen die Power, die E-Wende zu schaffen. Aber streuen sie nicht Asche aufs Dieselhaupt und stellen bald mit echten E-Autos statt nur Konzepten ihren Ruf wieder her, fehlts vielleicht bald an jenen Käufern, welche die E-Ära erst finanzieren müssen.