In seinem Frühling ein politisches Symbol, im Sommer Massenmobil, im Herbst ein Spassauto: Kaum ein Auto spiegelt derart den Zeitgeist wie der VW Käfer. Auch nach dem Neustart 1998 mit moderner Technik galt er als witzige Alternative zum so bierernsten VW-Bestseller Golf. Doch jetzt ist auch für den New Beetle Schluss mit dem Herumschwirren: Ende Juni wird das Band im mexikanischen Puebla gestoppt.
Gutes Auto aus üblem Hause
Der Ur-Käfer entsprang dem Ehrgeiz des Nazi-Führers Adolf Hitler – und dem Talent von Konstrukteur Ferdinand Porsche, der in den frühen 1930ern den Grundstein fürs Projekt legte. Am 17. Januar 1934 schrieb Porsche seinen «Bericht über den Bau eines Autos für das deutsche Volk». Der Volkswagen sollte ein funktionales und zuverlässiges Auto sein, trotz leichter Konstruktion Platz für vier Personen bieten, Tempi von bis zu 100 km/h mit luftgekühltem Boxermotor erreichen und 30-prozentige Steigungen bewältigen. Massenmobilität für die Massenbewegung, lobten die Nazis und sprangen auf den Volkswagen an.
Erste Prototypen 1935
Die ersten Prototypen entstanden 1935 mit den Versuchsfahrzeugen V1, V2 und V3, deren Letzter fast serienreif von DAF hergestellt wurde. Der KdF-Wagen – «Kraft durch Freude», so der Name der nationalsozialistischen Arbeiterorganisation – war geboren. Im Mai 1938 wurde im heutigen Wolfsburg (D) der Grundstein fürs Werk gelegt, aber statt Autos fürs Volk liefen zunächst Rüstungsgüter vom Band.
Über 21 Millionen Mal gebaut
Die eigentliche Geschichte des Käfers begann erst nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1945. Und sein Geburtsland Deutschland blieb mit über 6,1 Millionen Zulassungen weltweit grösster Absatzmarkt, vor den USA (5,0 Mio.) und Brasilien (3,0 Mio.). Obwohl der Käfer im Laufe der Jahre seine ikonische Form stets bewahrte, passte er sich mit stets nur geringfügigen Änderungen dem aktuellen Zeitgeist an. Er lief und lief und lief – mit zuletzt hoffnungslos veralteter Technik, aber dennoch am Leben gehalten, weil VW erst mit dem Golf 1974 eine konkurrenzfähige Alternative bot. Bis zum endgültigen Produktionsende 2003 im mexikanischen Puebla – nach über 21 Millionen gebauter Fahrzeuge.
New Beetle kam 1998
Doch schon zuvor war der New Beetle geboren. Ein von den USA geleitetes Projekt, bei dem J. Mays aus dem kalifornischen VW-Designcenter für die markante Optik sorgte. Für die Detroit Motor Show 1994 brauchte VW dringend noch einen Concept Car – am besten mit Elektroantrieb. Mays spielte dazu ein wenig mit den Rundungen des Käfers herum. Bloss musste die Studie auf die Plattform des Golf III passen – deshalb die seltsamen Proportionen mit viel Leerraum zwischen Frontscheibe und Cockpit. Eigentlich ging es VW um den projektierten E-Antrieb, aber das Publikum forderte ein Serienauto in genau dieser rundlich-knuffigen Form. Ab 1998 wurde es dann im mexikanischen Käfer-Werk Puebla gebaut. Ohne E-Antrieb.
Nur noch in den USA Kultstatus
Im Gegensatz zum Urahn war der Motor beim New Beetle aber nicht hinten längs, sondern vorne quer eingebaut. Und an den Erfolg des originalen Käfers kam der Beetle, speziell in Europa, nie heran. Vor allem der hohe Preis und die mässige Verarbeitung sorgten für Probleme. Einzig auf dem US-Kontinent wurde auch der New Beetle zu einem echten Kultauto. Doch wenn nun die Produktion Ende dieses Monats ausläuft, ist endgültig ausgekrabbelt und der Käfer definitiv Geschichte.