Autokäufer machen nicht mit
Sind wir zu faul für Software-Updates?

Verlangt die Autoindustrie zu viel von ihren Kunden? Was bei Tesla geht, funktioniert bei Volkswagen nicht: Viele VW-Kunden ignorieren Over-the-air-Updates für ihr E-Auto. Jetzt ködert VW diese Service-Muffel deshalb sogar mit einer neuen Batterie.
Publiziert: 29.03.2022 um 05:22 Uhr
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Aktualisiert: 06.04.2022 um 09:14 Uhr
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Verlangt die Automobil-Industrie zu viel von ihren Kunden?
Foto: Friso Gentsch/Volkswagen
Raoul Schwinnen

Wir alle kennen das vom Smartphone: Schon wieder «nervt» der Handy-Hersteller oder eine App mit einem neuen Software-Update. Soll ich das herunterladen? Vielleicht funktioniert danach wieder mal die eine oder andere geschätzte Funktion nicht mehr oder die Arbeitsoberfläche ist neu? Na, warten wir doch erst mal ab.

Bei Volkswagen macht man nun ähnliche Erfahrungen. In der Theorie klingt die Idee vom Business mit den digitalen Services bestechend: Die Elektroautos sind voll vernetzt und werden für den Kunden bequem mit Service-Updates «Over the Air» laufend auf dem aktuellsten Stand gehalten. So weit, so gut. Doch stellt VW jetzt in der Praxis fest, dass fast jeder fünfte Besitzer eines VW ID.3 und ID.4 gar keine Updates ausführt und so statt mit der neuesten Software 3.0 noch mit den alten Versionen 2.3 oder gar 1.0 herumfährt.

20 Prozent waren nicht online

«Es ist offenbar noch nicht selbstverständlich, dass man Autos online updated», konstatiert VW-Entwicklungsvorstand Thomas Ulbrich (56). Und muss zur Kenntnis nehmen, dass seine Kunden eben nicht die gleichen Computer-Nerds, Tech-Fans und IT-Hipster wie bei E-Autopionier Tesla sind, wo das mit den Updates auch auf der Kundenseite funktioniert. Zwar wurde seit dem Sommer in Europa auf 120'000 VW ID.3 und ID.4 das erste Update (2.3) aufgespielt. Doch 15 bis 20 Prozent der VW-Fahrer hätten ihr Auto laut Ulbrich bisher nicht ein einziges Mal online gestellt.

Akku als Köder für Update-Muffel

Um die Software der Kunden auf einen einheitlichen Stand zu bringen, ködert VW Update-Muffel deshalb nun mit einem attraktiven Goodie – ironischerweise nicht «Over the Air», der Wagen muss dafür in die Werkstatt. Denn es wird nicht nur die aktuellste Software aufgespielt, sondern auch eine neue 12-Volt-Batterie eingebaut. Denn die bisherige könnte für die Dauer des Updates von fast acht Stunden nicht genug Strom liefern. Die Batterie-Tauschaktion startet nach Ostern, Kunden werden informiert. Zum Akku gibt es das Update 2.4.

Freilich sei auch das nur eine Zwischenversion. Kurz darauf folge der Wechsel auf 3.0 – «ein echter Quantensprung», wie Thomas Ulbrich verspricht. Dennoch dürfte auch das nächste Update nicht lange auf sich warten lassen. «Wir arbeiten aktuell schon an Version 3.1», verrät der VW-Entwicklungschef.

Gestern gekauft, heute veraltet

Doch erst muss Ulbrich seine Kundschaft dazu bringen, die VW-Elektrofahrzeuge regelmässig upzudaten, sonst bringen die tollsten Software-Quantensprünge nichts. Übrigens: Nicht alle VW-ID-Kunden profitieren. Das Memory-Parking benötigt zum Beispiel zusätzliche Sensoren, die in den bisherigen ID-Modellen noch nicht eingebaut sind. Memory-Parking funktioniert nur bei künftigen Neuwagen. Der nächste Monat startende ID.5 hat die entsprechende Software dagegen schon ab Werk an Bord, genau wie der im Herbst folgende ID. Buzz auch. So scheint also die gute alte Computer-Weisheit «gestern gekauft, heute schon veraltet» auch bei Autos und ihrer Elektronik trotz allem «Over-the-Air»-Datentransfer hoch aktuell.

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