Pedro cruist mit seinem hellgrünen Chevrolet Bel Air (Baujahr 1954) die Küstenstrasse von Havanna entlang. Er biegt nach rechts ab, in den Blinkern und Aussenspiegeln entflammen grelle LED-Blitze. «Habe ich gerade erst einbauen lassen. Klasse, oder?», lacht Pedro und klappt die rechte Sonnenblende herunter, «natürlich mit DVD-Player.»
Pedro ist wie viele Kubaner autoverrückt. Spricht man ihn auf seinen blitzblanken Bel Air an, kommt er aber nur ungern auf den 2,8 Liter grossen Toyota-Vierzylinder-Diesel unter der polierten Haube zu sprechen.
Jahrelang konnten sich die Kubaner mehr schlecht als recht die «sparsameren» Dieselmotoren für ihre Klassiker leisten, die eben 12 Liter Diesel statt der sonst üblichen 35 Liter Benzin auf 100 Kilometern verschlangen.
Doch seitdem sich Kuba in den vergangenen Jahren sanft zu öffnen begann, herrscht im Land von Raul und Fidel Castro eine Rückbesinnung auf alte Traditionen – und damit ein Bedürfnis nach Benzinmotoren. Diese sind im kubanischen Gesetzes-Dschungel allerdings noch genauso verboten wie elektrische Fensterheber.
Benziner gefragt
Pedro ist nicht der einzige Kubaner, der sich mit Diesel-Motoren nicht anfreunden kann. «Ich habe nichts gegen Diesel», sagt der gelernte Automechaniker Horge Hernandez, «doch mit diesen werden die Klassiker verschandelt. Schön, dass es jetzt wieder einen Trend zurück zu mehr Originalität gibt.»
Der automobile Improvisationskünstler Hernandez haucht in dritter Generation den alten US-Limousinen vom Typ Impala, Bel Air oder Fairlane neuen Odem ein. In den meisten Strassenkreuzern verbaut er noch Dieseltriebwerke von Mercedes oder Peugeot. «Die verbrauchen weniger und sind aus Spanien zu bekommen», erklärt Hernandez seinen Kompromiss und wischt sich in seinem rotgrünen Einteiler den Schweiss von der Stirn.
Eine Restaurierung kostet bei Hernandez umgerechnet zwischen 6000 und 10'000 Franken. Ein Betrag, den sich hier kaum jemand leisten kann. Die Arbeiten werden daher meist von mehreren Personen bezahlt, bevor die Autos zu Taxis und somit zu einer Einnahmequelle werden.
90'000 Franken für einen Peugeot 206
Wenn Audi nicht gerade ein neues Modell präsentiert, sind moderne Autos auf Havannas Strassen immer noch selten. Hier und da unterbrechen Peugeot 301, VW Käfer oder ein paar neuere Hyundai-Modelle das Bild der historischen US-Klassiker.
Peugeot ist neben Hyundai und Mercedes einer der wenigen Hersteller, der in Kuba ernsthaft auf dem Markt präsent ist. Der Marktanteil der Franzosen beträgt stattliche 15 Prozent.
Ein Peugeot 206 kostet nach Angaben der Analysten von «IHS» umgerechnet rund 90'000 Franken! Dennoch könnten bis zum Jahr 2020 15'000 bis 20'000 Fahrzeuge pro Jahr eingeführt werden. Geld ist im Ausland schliesslich genügend vorhanden – allein im Grossraum Miami (USA) leben eineinhalb der zwölf Millionen Kubaner.
Doch solange autovernarrte Kubaner wie Pedro oder Hernandez die kunterbunten Strassenkreuzer am Leben erhalten, wird auch weiterhin repariert, was das Zeug hält. Geht nicht, scheint es in Kuba nicht zu geben.