Dass zehn Autohersteller für die in einem Monat ihre Tore öffnende Internationale Automobil Ausstellung IAA in Frankfurt abgesagt haben, dürfte kein Einzelfall sein und nicht nur an den hohen Kosten für den Messeauftritt liegen. So befürchtet Auto- und Wirtschaftsexperte Ferdinand Dudenhöffer in der deutschen «Automobilwoche» generell einen Bedeutungsverlust von grossen Automessen und damit einen anhaltenden Aussteller- und Zuschauerschwund, da sich ihr Konzept überlebt habe.
Internet ist schneller
Erstens könne man neue Autos mittlerweile im Internet früher entdecken als in einer Messehalle, so Dudenhöffer, zweitens sei den Besuchern die Begeisterung abhanden gekommen. «Während Teens für eine Computermesse wie die Gamescom in Köln in Zeltstädten übernachten, war dies vor 50 Jahren bei Autos vielleicht noch denk-, heute aber unvorstellbar», weiss Dudenhöffer. Der Professor der Uni Duisburg-Essen macht die Schuld dafür nicht zuletzt bei den Autoherstellern selbst aus: «Ein paar Zentimeter mehr Länge und Breite, ein paar weitere PS und ein netter Innenraum – kontinuierliche Verbesserung macht emotionslos.»
Emotionen und Überraschungen fehlen
Tatsächlich sind die weltweiten Autoshows nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die Bedeutung für die Autoindustrie wird künstlich am Leben erhalten. Überraschende Neuheiten sind auf den Messen oft keine mehr zu entdecken, die werden jeweils schon kurz zuvor im Netz oder den Medien enthüllt. So gesehen lohnt sich der Kostenaufwand für die Hersteller an der IAA – einige sollen für ihren gigantischen Auftritt in Frankfurt bis zu 50 Millionen Franken hinblättern – oder auch am Genfer Autosalon schlicht nicht mehr. Und so stellen sich wohl viele die Frage: Braucht man in Zeiten von TV, allgegenwärtigem Internet und grenzenloser Informationen für automobile Neuheiten überhaupt noch eine klassische Ausstellungsmesse?
Ähnliche Begründungen
So gesehen kann es nicht erstaunen, wenn die Begründungen für die Absagen bei allen Autoherstellern ziemlich ähnlich klingen. So will Volvo seine Kräfte bündeln und pro Jahr nur noch auf einer Messe pro Kontinent präsent sein. «So werden Mittel für andere Aktivitäten frei», heisst es vom schwedischen Hersteller. Und eine Tesla-Sprecherin begründet die aktuelle IAA-Absage damit, dass man eben kein traditioneller Autohersteller und daher nicht auf Branchenevents fixiert sei.
Sonderfall Tesla
Bei Tesla dürfte es allerdings noch einen weiteren Grund geben. Obwohl die Amis mit dem kostengünstigeren, umgerechnet rund 40'000 Franken teuren Model 3 aus der Luxus-Nische in einen breiteren Markt vordringen wollen und das Fahrzeug an der Frankfurter IAA bestimmt auf grosses Interesse stossen würde, muss man weitere Produktionsengpässe vermeiden. Denn schon heute liegen Tesla 450'000 Reservierungen für das Model 3 vor. Und das bedeutet: Wer jetzt vorbestellt, erhält das Auto nicht vor Ende 2018. Da macht es derzeit für die Amis wenig Sinn, den Hype um das Model 3 weiter anzuheizen.