Steigt über dem Vatikan weisser Rauch auf, beginnt eine neue Ära. Steigt über einem «monzagelben» Audi 80 GT von 1974 weisser Rauch auf, endet eine Rallye.
Tja, das wars wohl. Gerade sind mein Co-Pilot und ich in unserem Audi 80 aus Werksmuseumsbeständen durchs Ziel der ersten Etappe der 29. Kitzbüheler Alpenrallye geflitzt. Jetzt stehen wir da, der Audi stinkt und qualmt aus Grill und Motorhaube, aber noch zwei Tage Österreich lägen vor uns. Ist alles zu Ende, bevor es morgen erst richtig losgeht?
Das herbeigeeilte Service-Team gibt Entwarnung. «Nur ein Wackelkontakt am Kühlerventilator», erklärt der Pannenhelfer: «Halb so wild, nur das Kühlwasser überhitzt.» Kein Schaden am raren 80 GT – und so steht der dreitägigen Rundfahrt über insgesamt 522 Kilometer nichts mehr im Wege.
Nicht schnell, sondern exakt
Rückblende: Schon am ersten Tag muss ich als blutiger Rallye-Anfänger erst mal das kleine Einmaleins der Oldie-Rennen lernen. «Das Hirn sitzt rechts», heisst es immer über Rallyes: Der Beifahrer lotst den Fahrer über Landstrassen und Feldwege, durch Zeitnahmen und Sonderprüfungen. Ziel ist nicht, möglichst schnell zu sein; sondern auf allen einzelnen Streckenabschnitten die vorgegebene Strecke als Gleichmässigkeitsprüfung in der vorgegebenen Zielzeit abzufahren.
Klingt supersimpel. Ist es nur leider nicht. Könner fahren auf Hundertstelsekunden genau. Start am zweiten Tag. Gottlob bin ich der Fahrer, und so muss sich also mein Copilot mit der ersten, aus vier Teilen bestehenden Zeitprüfung herumplagen. Die einzelnen Abschnitte sind ineinander verschachtelt. Mit drei Stoppuhren treten wir der Herausforderung entgegen.
Mein Beifahrer zählt die Zeit bis zur ersten Lichtschranke: «Drei, zwei, eins, Gas, Gas, Gas!» Bei der ersten Zwischenzeit waren wir einen Hauch zu langsam. Hektik bricht aus – denn unser Audi 80 GT von 1974 ist zwar ein Spass, aber auch richtige Arbeit: ABS? Servolenkung? Nichts da – und, klar, auch keine Klimaanlage.
Endlich im Ziel. Resultat der komplexen Übung: drei Strafpunkte und zwei gestresste Insassen. Ein harziger Start in Tag zwei, aber zumindest macht uns der Audi Freude.
Kühe halten alle auf
Als GT (der damaligen sportliche Speerspitze der Audi-80er-Reihe) leistet der Zweitürer 100 PS aus einem 1,6-Liter-Vierzylinder, die per Vier-Gang-Getriebe die Vorderräder erreichen. Für uns ist der GT trotz nur 880 Kilo keine Rakete – damals war er ein Sportflitzer, dessen Rallyestreifen die Jugendträume der Vorstädte befeuerten.
Der A4-Vorgänger Audi 80 begründete neben dem A6-Urahn 100 den Audi-Erfolg – und rettete die kränkelnde Mutter VW. Zu lange hatte Wolfsburg am Heckmotor festgehalten. Um die Zeit zum ersten Golf (1974) zu überbrücken, griff VW zum hochmodernen Audi 80 der Tochter Audi NSU Auto Union AG: Schrägheck dran – fertig war 1973 der Passat. Und Audis 50 wurde mit anderen Logos zum Polo. Um im Gegenzug Audi zu veredeln, gabs Typen wie den 1974er 80 GT: Rallyestreifen, 100 PS – fertig war ein BMW-02-Gegner.
Der A4-Vorgänger Audi 80 begründete neben dem A6-Urahn 100 den Audi-Erfolg – und rettete die kränkelnde Mutter VW. Zu lange hatte Wolfsburg am Heckmotor festgehalten. Um die Zeit zum ersten Golf (1974) zu überbrücken, griff VW zum hochmodernen Audi 80 der Tochter Audi NSU Auto Union AG: Schrägheck dran – fertig war 1973 der Passat. Und Audis 50 wurde mit anderen Logos zum Polo. Um im Gegenzug Audi zu veredeln, gabs Typen wie den 1974er 80 GT: Rallyestreifen, 100 PS – fertig war ein BMW-02-Gegner.
Wir rattern über kurvige Bergstrassen Richtung Pertisau am idyllischen Achensee. Weniger Laune macht die nächsten Zeitmessung: Kaum haben wir diese über sechs Kilometer lange Zwischenprüfung begonnen, verdirbt uns eine dumme Kuh die Fahrt: Ein Bauer treibt in aller Seelenruhe zwei Kälber von einem Anhänger in Richtung Stall. Auf der schmalen Bergstrasse ist für zehn Minuten alles dicht – für uns und gut 30 andere Oldies. Mist! Was wir erst im Ziel erfahren: Die Bäuerin informiert die Jury über das Hindernis – keine Strafpunkte!
Punkten können wir dafür an anderer Stelle: An einer Weggabelung – es sind an diesem dritten Tag noch rund 50 Kilometer bis zur Ziellinie in Kitzbühel – biegen die vor uns fahrenden Oldtimer nach links ab. «Rechts, hinter dem Haus durch!», ruft mein Beifahrer. Es lohnt sich: Dort wartet von den anderen unbemerkt eine versteckte Stempelkontrolle – ha, Punkte!
Erwartungen übertroffen
Beim Zieleinlauf kann uns selbst der Kommentar einer älteren Dame nicht die Siegerlaune verderben. «Das ist wirklich das hässlichste Auto von allen», hören wir sie mit ihrer Kollegin tuscheln.
Egal. Denn am Abend bei der Siegerehrung haben wir fröhliche Gewissheit: Platz 26 von 127 in der Classic-Wertung – ein grandioses Ergebnis für uns Amateure! Vor Profis wie dem Ex-F1-Piloten und Lokalmatador «Striezel» Stuck, der auf Platz 41 landet. Der Ex-Rennfahrer nimmts gelassen und lobt die Organisatoren des Alpenrennens. «Das war eine der besten Rallyes, die es hier in den letzten Jahren gab. Die Messlatte für die nächstjährige Jubiläumsausgabe liegt sehr hoch!»
Unsere Erwartungen hat diese Kitzbüheler Alpenrallye bei weitem übertroffen. Auch wegen unseres treuen Begleiters, dem Audi 80 GT, dessen Steuer wir nach den drei ereignisreichen Tagen nur ganz schweren Herzens wieder aus der Hand geben.
Der Käfer ist der «Volkswagen» schlechthin und wurde millionenfach gebaut. Doch nur 50 Exemplare entstanden vom legendären Salzburgkäfer, offiziell 1302 S Rallye. In Kitzbühel war der 1971 produzierte Überkäfer am Start – und selbst der dreifache Rallye-Weltmeister Sébastien Ogier konnte dem Charme der 136 PS nicht widerstehen. Obwohl seine Frau kurz vor der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes steht, war der Franzose pünktlich zum Start am Samstag auf dem Hahnenkamm-Parkplatz. «Das Auto ist einfach grandios», schwärmt Ogier. «Das kann ich mir nicht entgehen lassen.»
Der Käfer ist der «Volkswagen» schlechthin und wurde millionenfach gebaut. Doch nur 50 Exemplare entstanden vom legendären Salzburgkäfer, offiziell 1302 S Rallye. In Kitzbühel war der 1971 produzierte Überkäfer am Start – und selbst der dreifache Rallye-Weltmeister Sébastien Ogier konnte dem Charme der 136 PS nicht widerstehen. Obwohl seine Frau kurz vor der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes steht, war der Franzose pünktlich zum Start am Samstag auf dem Hahnenkamm-Parkplatz. «Das Auto ist einfach grandios», schwärmt Ogier. «Das kann ich mir nicht entgehen lassen.»