Foto: Milagro

Fahrbericht Aprilia RSV4 1100 Factory
Fast wie im siebten Himmel

Mit 217 PS ist die Aprilia RSV4 1100 Factory das derzeit stärkste Grossserien-Bike auf dem Markt. Mit einem Test der ab 25'795 Franken erhältlichen Strassen-Rennmaschine auf der Rennpiste von Mugello (I) startet SonntagsBlick in die neue Töffsaison.
Publiziert: 21.04.2019 um 09:56 Uhr
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Die Aprilia RSV4 1100 Factory ist das derzeit stärkste Grossserien-Bike auf dem Markt.
Foto: Milagro
Daniele Carrozza (Text) und Milagro (Fotos)

Was ist an der Factory neu, abgesehen von 1078 statt bisher 999,6 ccm Hubraum? Auf den ersten Blick natürlich das hübsche Karbon-Kleidchen mit vorderem Schutzblech, Seitenschalen und Winglets für mehr Abtrieb und Bremsstabilität. Unter dem knapp geschnittenen Kleid sind am um 16 PS und 7 Nm erstarkten V4 (maximal 122 Nm bei einer Erhöhung des Drehmoments um 10 Prozent über das gesamte Drehzahlband) neben dem erwähnten Hubraumplus folgende Neuerungen auszumachen: neue Kolben, eine neue Ölpumpe, doppelte Öleinspritzdüsen für optimiertere Kolbenkühlung, einlassseitig schärfere Steuerzeiten, aufgrund des gesteigerten Drehmoments eine längere Übersetzung für die Gänge 5 und 6 sowie aerodynamisch schnittiger geformte Drosselklappen für eine optimierte Führung des Gasstroms. Zudem interveniert der Begrenzer jetzt erst bei atemberaubenden 13'600/min. Obwohl das Fahrwerk zuvor schon zum Besten dieser Welt gehörte, wurde für die Factory dort nochmals Hand angelegt. «Das von den mächtigen Winglets herbeigeführte Plus an Stabilität erlaubte es uns, auf der Handling-Seite einige Briketts nachzulegen», erklärt Chassis-Ingenieur Piero Soatti.

Keine unnötigen Turnübungen

Doch wie fährt sich jetzt das derzeit stärkste Grossserien-Bike? Am Kurveneingang äussert sich die neue Geometrie zwar mit einer absolut willigen Einlenkkultur. Leichter Impuls, sanfte Gewichtsverlagerung und – zack! – wirft sich die Maschine an den Scheitel. Von Übermotivation allerdings keine Spur! Präzision, Feedback, vernachlässigbarer Kraftaufwand: Alles allererste Sahne und höchst effizient – wie man sich das wünscht. Am Kurvenausgang dagegen, wo die Winglets keine Wirkung erzielen, siehts mit der neuen Geometrie allerdings etwas anders aus. Sicher nicht schlecht, aber die Factory wurde gerade unter Volllast bei der Entlastung der Front schon reaktiver. Will heissen, dass sie von feiner Hand geführt werden will und das Fahrergewicht speziell beim Schalten sauber gelagert werden muss. Unnötige Turnübungen sollte man da möglichst vermeiden, sauber in die Rasten stehen, mit den Knien den Tank klemmen und die RSV4 Factory generell zart geführt «laufen lassen».

Geniale Bremsen

Ergonomisch bleibt alles beim guten Alten. Sprich, kompakte Sitzhaltung, ein eher enger Kniewinkel, keine spendablen Platzreserven für gross gewachsene Fahrer. Die Windschutzscheibe ist sehr knapp geschnitten und am Ende der Start-Ziel-Geraden, kurz bevor man sich bei rund 300 Sachen aufrichtet und einen auf «Segel» macht, entsprechend schon eine Hypothek. Will man also nicht ständig durchgeschüttelt werden, muss die hohe Zubehörscheibe dran. Genial dagegen die atemberaubende V4-Klangkulisse und die Bremsen. Letztere gehören bezüglich Druckpunkt-Definition, Dosierbarkeit und Verzögerungskraft zum Allerbesten, was ich je gefahren bin.

Fazit: Die Zusatz-Power der 1100 Factory ist höchst willkommen und führt dazu, dass man die Italienerin entspannter um den Kurs dirigieren kann. Fahrwerkseitig ist nach entsprechender Einstellarbeit alles in gewohnter Aprilia-Manier – und damit fast wie im siebten Himmel.

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