Viele Elemente der neuen R nineT Urban G/S erinnern an die Ur-GS, die R 80 G/S. Mit ihr gewann der Franzose Hubert Auriol 1981 die Rallye Paris-Dakar. Die moderne Interpretation dieses Klassikers erfüllt nun ab 14'000 Franken den Traum einer luftgekühlten Boxer im Ur-GS-Trimm, mit aktueller Technik und entsprechenden Fahrleistungen (110 PS bei 7750/min, 116 Nm bei 6000/min).
Die vierte im Bunde
Nach Pure, Scrambler und Racer ist die Urban G/S schon das vierte Derivat der 2013 vorgestellten BMW R nineT. Ihre Ableger sind aber bewusst simpler konstruiert – insbesondere beim Fahrwerk, bei dem statt einer USD-Gabel eine konventionelle Telegabel zum Einsatz kommt. Dem flotten Kurvenspass tut dies aber keinen Abbruch. Die Fahrwerksauslegung ist sportlich-straff und die von der Scrambler übernommene Fahrwerksgeometrie sorgt für ein angenehmes Handling. Der Komfort – nicht zuletzt mit den von uns gefahrenen Strassenreifen auf Kreuzspeichenrädern – geht in Ordnung. Letztere kosten zwar 470 Franken Aufpreis, was uns aber eine lohnenswerte Investition erscheint. Wer will, kann den G/S-Look optisch zudem mit grobstolligen Metzeler-Karoo-Reifen (ohne Aufpreis!) unterstreichen.
Klar höhere Sitzposition
Während die Original-nineT eine moderate Sitzhöhe von 803 Millimetern aufweist, sind es bei der Urban G/S spürbar höhere 850. Dennoch sitzt es sich gut auf dem nostalgisch-roten Sattel. Die Haltung ist locker-lässig bis leicht sportlich. Nur die Kanten des Rahmens drücken mit der Zeit etwas an die Innenseiten der Oberschenkel. Der breite Lenker liegt gut in der Hand und alle Bedienelemente sind BMW-typisch funktional. Als erstaunlich wirksam hat sich die Lampenmaske mit Winddeflektor erwiesen. Je nach Haltung bringt man so selbst die Nase noch in den windgeschützten Bereich.
Den frühmorgendlichen Start in den Tag (wenn nicht gerade im Hochsommer) versüsst die Griffheizung, deren Stufe im LC-Display rechts angezeigt wird. Dort, wo man ständig nach dem eingelegten Gang nachschauen will. Die Ganganzeige ist auf den nineT-Modellen aber jeweils ins Display des Drehzahlmessers integriert, und einen solchen haben nur die Original-nineT und die Racer. Doch halb so schlimm, Fahren nach Gehör funktioniert problemlos. Nur schon deshalb, weil die fahrfertig 221 Kilo wiegende Urban mit einer Lautstärke aus dem Edelstahltopf aufwartet, die auf einer Tagestour bald mal als etwas aufdringlich empfunden werden kann. Eine Benzinstandsanzeige gibts auch nicht. Nur ist auch das nicht weiter schlimm, da ein entsprechendes Warnlämpchen rechtzeitig aufleuchtet und der Reserve-Kilometerzähler zu laufen beginnt.
Motor, Getriebe und Bremsen überzeugen auch an der Urban G/S. Es reichen im Grunde die Worte: druckvoll, knackig-präzis, klarer Druckpunkt bei feiner Ansprache und satter Biss bei Bedarf.
Fazit: Manchmal haut einen die Optik eines Bikes um, doch das Fahrerlebnis ist ernüchternd. Nicht so bei der Urban G/S. Sie erinnert stilvoll an die Ur-GS und animiert sowohl zum Bummeln durch die City als auch zum flotten Cruisen über Landstrassen. Selbst der Preis geht in Ordnung. Unser Testbike kostete mit Griffheizung (250 Fr.), LED-Blinkern (120 Fr.), Chrom-Krümmern (110 Fr.) und Speichenrädern (470 Fr.) total 14'950 Franken.