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Interview mit Christoph Erni, Gründer und CEO von Juice Technology
«Sie können mit einem Panzer über unsere Ladestation fahren»

Selbst ein Panzer kann das Start-up Juice Technology nicht aufhalten. Die 2014 gegründete Schweizer Firma mischt den Markt für mobile Ladestationen für Elektroautos auf. BLICK traf Gründer und CEO Christoph Erni zum Interview.
Publiziert: 16.02.2020 um 04:33 Uhr
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Unternehmensberater Christoph Erni hat 2014 die Firma Juice Technology gegründet, um sinnvolle Lademöglichkeiten für Elektroautos anzubieten.
Foto: Zvg
Interview: Martin A. Bartholdi

Aus der Not gründete der Zürcher Unternehmensberater Christoph Erni (56) vor sechs Jahren das Start-up Juice Technology. Heute gehört es zu den Marktführern bei mobilen Ladestationen bis zu 22 kW Ladeleistung. Mit dem Juice Booster 2 bietet sein Unternehmen eine multifunktionale und robuste Ladestation, mit der sich E-Autos weltweit so schnell wie möglich laden lassen. Dank einfachstem Steckerwechsel funktioniert der Booster von der Haushaltssteckdose bis zur öffentlichen Ladesäule. Um die Robustheit zu dokumentieren, liess Juice Technology die Ladestation von einem Panzer überrollen (siehe Video). Inzwischen bietet Juice Technology auch Wandladestationen für zu Hause, öffentliche Ladestationen oder Lösungen für Parkhäuser an.

Herr Erni, sind Sie ein «Grüner»?
Christoph Erni:
Definitiv nicht. Aber ich bin wegen eines «Grünen» per Zufall in diese Branche gekommen. Er war ein Fundi, wie er im Buche steht: so ein Kupfer-Wolle-Bast-Typ mit Sandalen. Während eines Business-Lunchs jammerte er mir vor, dass alle auf die Umwelt Rücksicht nehmen müssen – nur er nicht. Er fliege wegen des interkulturellen Austauschs nach Bali in die Ferien. Und am Ende fragte er mich, ob ich ihn nicht zum Bahnhof fahre, da er ja kein Auto habe. Ich schluckte meinen Ärger runter, ging zurück ins Büro und bestellte ein Elektroauto. Verrückt! Das war 2010, und das Tesla Model S existierte erst auf dem Reissbrett. Ohne dieses Mittagessen hätte es mich wohl nicht interessiert ...

Wie führte das Elektroauto zur Gründung einer Firma?
Als mein Tesla drei Jahre später ausgeliefert wurde, merkte ich, dass es an der Ladeinfrastruktur fehlt. Es gab einfach nichts, schon gar nichts Mobiles zum Mitnehmen. Dabei wäre Strom ja überall vorhanden, oftmals sogar rote Drehstromdosen, mit denen sich dreiphasig, also schneller laden lässt. Aber die mitgelieferten Notladekabel können das meistens nicht. In meinem Frust setzte ich eine Internetseite auf. Es kann doch nicht sein, dass ich 14 Tage googeln musste, ehe ich begriff, wo ich einstecken konnte und warum mir die Stecker wegschmolzen. Die Übergangsstecker waren nicht dafür gemacht, so viel Strom zu ziehen. Über diese Webpage kamen dann plötzlich Bestellungen. Zuerst sträubte ich mich, ich war ja kein Kabelhändler, aber mein Umfeld motivierte mich, und ich erkannte das Bedürfnis. Also habe ich die Firma gegründet.

Wie ist der Name Juice Technology entstanden?
Es sollte kein technoid klingender Name sein. In der Umgangssprache gibts den Begriff «Saft aus der Dose» auf Deutsch wie Englisch. Wir wollten etwas, das leicht und sicher zu bedienen ist, und das sollte sich im Namen widerspiegeln. Ein erfrischender Saft und kein schwieriges Laden mit komplexen Vorgängen.

Persönlich: Christoph Erni

Christoph Erni wird 1963 in der Schweiz geboren. Obwohl er am Gymnasium die Schülerzeitung herausgibt und das Gymi-Fest organisiert, schmeisst er noch vor der Matura hin, um eine KV-Lehre zu absolvieren. Nachdem er einige Zeit in der IT-Branche arbeitet, gründet er 1997 die Unternehmungsberatung Erni Associates AG. 2014 gründet er Juice Technology AG, um sinnvolle Ladelösungen für Elektroautos anzubieten. Als CEO vertritt er die Schweiz in zwei internationalen Normierungsgremien für E-Auto-Ladeinfrastruktur. Erni ist verheiratet und hat zwei Söhne.

Christoph Erni wird 1963 in der Schweiz geboren. Obwohl er am Gymnasium die Schülerzeitung herausgibt und das Gymi-Fest organisiert, schmeisst er noch vor der Matura hin, um eine KV-Lehre zu absolvieren. Nachdem er einige Zeit in der IT-Branche arbeitet, gründet er 1997 die Unternehmungsberatung Erni Associates AG. 2014 gründet er Juice Technology AG, um sinnvolle Ladelösungen für Elektroautos anzubieten. Als CEO vertritt er die Schweiz in zwei internationalen Normierungsgremien für E-Auto-Ladeinfrastruktur. Erni ist verheiratet und hat zwei Söhne.

Können Sie von Ihren eigenen Erfahrungen mit dem Elektroauto profitieren?
Natürlich. Wir entwickeln unsere Produkte stets aus der Nutzerperspektive. Deshalb soll auch jeder Mitarbeiter elektrisch fahren. So merken sie, wo die Bedürfnisse liegen. Es muss ganz einfach sein. Unsere Kunden erwarten, dass das Gerät alles automatisch erkennt, nicht zu viel Strom zieht und wenns zu warm wird, selber pausiert. Mich interessiert als E-Autofahrer nur, dass ich ein voll geladenes Auto habe, wenn ich losfahren will! Der Rest ist mir egal.

Juice Technology ist eine Schweizer Firma. Produzieren Sie auch in der Schweiz?
Ja, ein Viertel der Geräte bauen wir in Thun. Dort haben wir angefangen. Und diese Produktionsstätte behalten wir, denn sie ist gleichzeitig eine Servicestelle. Grösstenteils produzieren wir jedoch in China – praktisch zum selben Preis nach identischen Qualitätsstandards. Doch der Start in China war am Anfang nicht ganz einfach. Es dauerte ungefähr ein Jahr, bis das richtig und nach unseren Vorstellungen funktionierte. Die Produktionsstätte in China ist für uns auch deshalb wichtig, um die Autohersteller beliefern zu können, da es ein von ihnen zertifiziertes Werk ist. Eine solche Zertifizierung kostet einen siebenstelligen Betrag. Sie ist jedoch elementar, um wichtige Partnerschaften eingehen zu können. Opel bietet beispielsweise den Juice Charger als Option für den Corsa-e und Grandland X an, und wir sind ebenfalls schon in Verhandlungen mit weiteren Herstellern.

Wieso haben Sie die Produktion ausgelagert?
Ich selbst war zuvor noch nie im Herstellergeschäft tätig und brauchte einen Partner mit Erfahrung. Vor allem aber ist es so um ein Vielfaches einfacher, auf den Markt zu reagieren und die Produktion anzupassen. Um der aktuellen Nachfrage gerecht werden zu können, laufen fünf Produktionslinien im Zwei- und teilweise Dreischichtbetrieb, die wir dank unserer Partner bis auf 100 Produktionslinien hochfahren können. Das ermöglicht uns eine einzigartige Handlungsfreiheit. Müsste ich ein solches Werk selber aufbauen, würden mich die Kosten ruinieren.

Inzwischen produzieren Sie auch öffentliche Ladesäulen oder solche für Parkgaragen. Keine Angst, dass Sie sich verzetteln?
Bis jetzt läufts ganz gut. Wir versuchen von den einzelnen Bereichen zu profitieren. So verbauen wir den Booster in der Wandladestation Charger, um dessen Zuverlässigkeit weiter zu nutzen sowie gleichzeitig mit weiteren Funktionen anzureichern und so darauf aufbauen zu können. Wir haben auch das Bezahlen so einfach gemacht wie das Laden. Kreditkarte hinhalten – fertig. Keine komplizierten Apps oder speziellen Bezahlkarten wie bei anderen Anbietern.

Mit wie viel Personal starteten Sie 2014?
Einem: mir! Ich habe zwar immer einige Leute meiner Unternehmensberatung abgezogen, aber die haben eher widerwillig mitgemacht. Begonnen hat es ja mit Kabeln, die ich anfangs im Büro lagerte. Deshalb stank alles nach Gummi – ganz zum Leidwesen meiner Mitarbeiter und auch der Kunden, die beim Eintreten die Nase rümpften. So nahm alles seinen Lauf. Heute haben wir 27 Mitarbeiter allein hier in Zürich, weltweit arbeiten 74 Personen für Juice. Im letzten Jahr haben wir das Personal verdoppelt und werden es dieses Jahr wahrscheinlich wieder tun.

Wie eng arbeiten Sie mit Autoherstellern zusammen?
Wir haben fast mit allen engen Kontakt, sowohl in der Entwicklungsabteilung als auch im Verkauf. Jeder Hersteller hat seine eigenen Anforderungen, die bei unseren Ladestationen meist nur kleinere technische Anpassungen erfordern. Vor allem tauschen wir uns aber über Sicherheitsanforderungen aus. Der Super-GAU wäre doch, wenn ein Kind neben einer kaputten Ladestation vorbeiläuft, in eine Pfütze tritt, einen Stromschlag erhält und stirbt. Das wollen die Hersteller um jeden Preis vermeiden. Unsere Ladestation ist wasserdicht, robust und normkonform. Sie können sogar mit einem Panzer drüberfahren.

Weitere Anbieter mobiler Ladestationen
  • NRGkick von DiniTech GmbH
  • Go-eCharger Home
  • Mennekes-Notladekabel
  • «Mode 2»-Ladekabel von Demelectric
  • «Typ 2»-Notladekabel von Ratio Electric
  • To Go von Wallbe
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Heute gestalten Sie den Markt für Ladeinfrastruktur aktiv mit. Hätten Sie sich das vor fünf Jahren träumen lassen?
Nein, natürlich nicht. Und hätte ich damals verstanden, wie komplex das alles ist, damit die Ladestation bei jeder Temperatur, jedem Stromnetz und mit jedem Auto funktioniert, hätte ich es wahrscheinlich nicht gemacht. Zu Beginn dachten wir, so ein Ladegerät sei doch keine Raketentechnik. Inzwischen behaupte ich aber: Doch, es ist Raketentechnik.

Kann der Booster der Elektromobilität zum Durchbruch verhelfen?
Auf jeden Fall! Er ist ein Treiber für die Leute, ein Elektroauto zu kaufen. Mein Vater hatte in den 1980er-Jahren noch einen Reservekanister im Auto und sagte immer. «Ich brauche den nie, aber mir kann nichts passieren.» Neben allen praktischen Vorteilen spricht der Booster auch ein Urbedürfnis an: den Wunsch, nach Hause «in meine Höhle» zu kommen. Das haben mir schon viele Kunden bestätigt. Sie legen den Booster mit allen Adaptern ins Auto, und wenn es knapp wird, fahren sie zur nächsten Beiz, stecken ein, essen zu Abend und fahren nach Hause. Jetzt liegt halt ein Juice Booster im Auto statt des Benzinkanisters.

Was und welche Produkte dürfen wir in Zukunft von Juice Technology erwarten?
Wir werden unsere Produkte weiterentwickeln. Gleichzeitig werden wir den Software-Bereich weiter ausbauen, um ein umfassendes Haus-Management-System zu entwickeln – ein unendlich skalierbares Last- und Lademanagementsystem haben wir bereits. Strom ist genug vorhanden, aber er muss automatisch und clever verteilt werden, im Haus, im Quartier, über das ganze Netz hinweg. Hier liegt eindeutig die Zukunft. Vor allem auch für Mehrfamilienhäuser inklusive integrierter Abrechnung. Und auch Zwischenspeicherung von beispielsweise Solarenergie vom Dach dürfte künftig ein Thema sein.

Und für Sie gibts jetzt nur noch Elektroautos?
Ich habe die letzten Verbrenner letzten Sommer verkauft. Das waren vier Oldtimer, die ich nicht mehr fuhr. Ihr Sound ist zwar toll, aber er fehlt mir nicht mal. Elektrisch fahren macht etwas mit einem. Das Reisen wird viel leichter, das Leben stressfreier. Und man will nicht mehr zurück!

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