Klein und bitte geländegängig: Das Gros der Neuwagen auf Brasiliens Strassen besteht heute aus City-SUV. Ob Fiat, VW, der dort als Renault verkaufte Dacia Duster, der Mitsubishis kleiner Pajero, der TR4, oder der Ford Ecosport, der es als eines der wenigen Eigenmodelle Südamerikas inzwischen nach Europa geschafft hat: Genau wie in Europa sind SUV im Trend und lockern in Rio de Janeiro oder Sao Paulo das Strassenbild aus Klein- und Kompaktwagen und betagten Klapperkisten auf.
Schusssichere Toyota Corolla
Sieht man am Strandboulevard in Rio doch mal Audi A4, BMW 5er oder Toyota Land Cruiser, sind die quasi immer gepanzert! Und nicht nur die: Immer mehr Kompakt- und Mittelklasse-Modelle, ob Ford Mondeo, Hyundai Azera, Mitsubishi Pajero TR4 oder Toyota Corolla, tragen neben tiefstgetönten Scheiben Beschuss-Schutz. Und werden oft auch von Wohlhabenden gekauft, weil sie unauffällig sind.
Warum? Weil Carjacking und Raub unverändert zur Tagesordnung zählen, hier sehr schnell geschossen wird und zum Beispiel 2018 die für Favela-Bewohner kämpfende Marielle Franco, Stadträtin in Rio, in ihrem ungepanzerten kleinen Chevy erschossen wurde – vermutlich von zwei dafür von Slum-Königen bezahlten Ex-Polizisten.
Schutz vor Attacken am Rotlicht
Während man bei Audi etwa einen Q5 mit Panzerung ab Werk bekommt, sind geschützte und doch bezahlbare Brot-und-Butter-Mobile das Werk zahlloser Nachrüstfirmen. Fahrzeuge der Höchstschutz-Liga wie die Mercedes S-Klasse, die gegen Maschinengewehrsalven und Granatsplitter immun sind, sind ohnehin unbezahlbar.
So schützen sich Privatleute gegen Pistolen und leichte Gewehre: Firmen wie Shell Armoured Vehicles, DuPont oder TAG haben alle Hände voll zu tun. Sie rüsten die Autos mit dicken Scheiben, Kevlar- sowie Aramidplatten gegen Munition des Kalibers 38 oder gar 44 aus. Dieser Schutz reicht für die häufigen Rotlicht-Kreuzungsattacken.
Dreistelliger Millionen-Umsatz
Dieses Geschäft ist in dem 210-Millionen-Einwohner-Land grösser als irgendwo im Rest der Welt: 250 Millionen US-Dollar Jahresumsatz! Eine Nachrüstung dauert rund zwei Wochen und kostet zwischen 11'000 bis 17'000 Euro – in Brasilien viel Geld. Mehr als zwei Drittel der Umrüstungen werden im Grossraum der Strassenkriminalitäts-Metropole São Paulo vorgenommen; dem Vernehmen nach nicht immer ganz fachmännisch ... .
Das am häufigsten gepanzerte Auto Südamerikas ist heute der Toyota Corolla, was sein Gewicht von 1,4 auf 1,6 Tonnen hebt. Während die Fahrwerksabstimmung von den Spezialfirmen angepasst wird, vertragen die Regelsysteme und Bremsen das Mehrgewicht problemlos. Übrigens werden sogar Occasionen neuerdings gepanzert – und zunehmend auch Mietwagen für Touristen.