Träume sind entweder gratis – oder exorbitant teuer. Der 630 PS starke Maserati MC12 fällt in die zweite Kategorie. M steht für Maserati, C für «Corse», also Rennausführung, und 12 für die Zylinder. Preis: eine Million Franken. In Sportwagen-Äquivalente umgerechnet wären das acht Porsche 911 Carrera oder drei Ferrari 612 Scaglietti, sogar der Mercedes SLR McLaren ist mit etwa 650000 Franken um den Gegenwert einer Ferienwohnung günstiger.
Dafür tritt der MC12 in einer höheren Liga an: Er ist ein reinrassiger Rennwagen, konstruiert für die FIA-GT-Weltmeisterschaft, deren Reglement verlangt, dass von jedem Fahrzeug mindestens 25 Stück mit Strassenzulassung gebaut werden müssen: der Grund, warum Normalsterbliche (genauer gesagt: normalsterbliche Millionäre) den MC12 überhaupt kaufen können. Überraschend: Alle MC12 waren verkauft, noch ehe ihr weiss-blauer Lack richtig getrocknet war, obwohl die Italiener 50 statt der verlangten 25 Exemplare bauten. Fünf gingen an Schweizer Kunden. Ihre Namen sind streng geheim.
Umso sensationeller das Angebot von Maserati an AutoBlick, den MC12 fahren zu dürfen. Oder – treffender formuliert – die Flunder schwimmen zu lassen: Am Testtag regnete es in Strömen. Selbstverständlich ist der Wagen trotz Targa-Dach absolut wasserdicht. Ebenso selbstverständlich hat ein Auto mit diesem Preis auch einen Scheibenwischer. Aber der MC12 rollt auf kaum profilierten Semirennreifen, ist 1335 kg leicht, hat bissige Rennbremsen und kein elektronisches Antischleuderprogramm. Obendrein lauert im Heck die Gewalt eines 630 PS starken 6,0-Liter-V12. Der stammt – wie auch das sequenzielle 6-Gang-Getriebe, die Schalensitze und die Instrumente – aus dem vergleichbar teuren Ferrari Enzo.
Gestartet wird das Aggregat, das den MC12 in 3,8 Sekunden auf 100 km/h katapultieren kann, per Knopfdruck. Im Stand sind weder Motoren- noch Auspuffgeräusch spektakulär. Doch spätestens beim ersten, kurzen Gasstoss wird klar: Was da hinten zornig aufbellt, ist beileibe kein Schosshündchen. Entsprechend respektvoll streichle ich das Gaspedal. Und bin erstaunt, wie zivil sich der Bolide in Bewegung setzt. Guttural brummend schiebt der V12 den Maserati durch den Regen. Ein Druck auf das Paddel am Lenkrad, und blitzschnell, aber sanft, legt die Schaltung den nächsten Gang ein. Die Lenkung dreht wie ein gut geölter Türknauf, die Federung agiert bei weitem sanfter als befürchtet. Sogar eine Klimaanlage ist an Bord.
Alles ganz locker also? Mitnichten! Auf dem Weg durch die Stadt lauern tausend Gefahren, hochstehende Kanaldeckel zum Beispiel. Um solche Hindernisse zu überwinden, muss die Front per Knopfdruck angehoben werden. Das geht aber nur im Kriechtempo – nachfolgende Fahrer fühlen sich zu eindeutigen Gesten animiert.
Auch auf der Landstrasse ist Konzentration gefragt. Mit 5,14 Metern ist der MC12 länger als ein S-Klasse-Mercedes, mit 2,10 Metern fast so breit wie das Postauto. Und in dem Flugzeug-ähnlichen Cockpit ist nur die Sicht nach vorne gut. Man fährt mit Tunnelblick, auf Augenhöhe mit den Radnaben der Lastwagen. Und mitten durch die aufgewirbelte Gischt. So versuche ich erst, als der Regen schwächer, die Strasse breiter und der Verkehr spärlicher wird, das Gaspedal stärker durchzutreten.