50 Jahre Citroën Méhari: Nostalgische Testfahrt
Ritt auf dem Renndromedar

Vor 50 Jahren kam das perfekte Hochsommer-Ferienmobil zur Welt. Zum Jubiläum wagen wir eine nostalgische Ausfahrt im Citroën Méhari.
Publiziert: 29.06.2018 um 18:00 Uhr
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Aktualisiert: 29.10.2018 um 09:11 Uhr
Von Timothy Pfannkuchen

Vergessen Sie Ferrari: Wer Sympathien auf dem Boulevard gewinnen will, fährt einen alten Citroën Méhari. Der 3,52 Meter kurze, 580 Kilo leichte Zwerg wurde von 1968 bis 1987 als anspruchsloser Arbeitsesel und fröhliches Freizeitpferd gebaut. Mit Zutaten, so einfach wie bei einer Bratwurst: Schaukelchassis und 2-Zylinder vom Döschwo, darüber eine dünne Plastikwanne.

Damals setzte auch die französische Gendarmerie auf den Méhari.
Foto: Werk

Es war mal so einfach

Diese Offenheit ist gnadenlos, das Drinnen im Plastikauto fast schon wieder ein Draussen und der Fahrtwind ein Sturm. Wir sitzen dafür gemütlich und seitenhaltfrei wie auf einer Hollywoodschaukel und wippen mit unserem 1979er Testwagen in die Vergangenheit. Eine karge Vergangenheit: Das Dach ist eher ein (demontierbares) Zelt. Dafür gibts hier sogar noch einen Choke (Kaltstarthilfe), beim Blinken schnalzt im Méhari gemütlich ein echtes Relais statt nur der Elektronik, und die berühmte oder eher berüchtigte 4-Gang-«Spazierstockschaltung» lässt Anfänger rückwärts starten, weil hier vorne links der Rückwärtsgang liegt – der erste dagegen hinten links.

Einfach geniessen

Orgeln, «Gäsele» – und dann schnattern die 28 Boxer-PS aus nur 0,6 Liter Hubraum fröhlich los, halt genau wie beim 2CV. Der Begriff «Beschleunigung» klingt bei gut 32 Sekunden von 0 auf 100 km/h vermessen. Aber weil jeder Gasstoss die butterweiche Federung vorne aus den Angeln hebt, fühlt sich der Méhari rasant an. Bis die Lichthupe des Sattelzuges im Rückspiegel höflich fragt, ob wir nicht schneller als 60 km/h könnten. Klar: Zur Not läuft der Méhari etwas über Tempo 100. Wenn auch nur bergab und vollständig vergnügungsfrei. Also rechts ran, den Laster vorbeiwinken – und die Einfachheit einfach geniessen.

1979 gab es noch ganz einfache Cockpits mit wenigen Einstellmöglichkeiten.
Foto: Timothy Pfannkuchen

Durch das Land schaukeln

Die melodramatische Seitenneigung führt bereits in lahmen Kurven zum spontanen Lachanfall, macht aber den Arbeitsweg durchs Zürcher Oberland dafür zu gefühlten Ferien an der Côte d'Azur. Dies alles wohlgemerkt bei nur 5,9 l/100 km im Test. Selten haben wir uns derart fröhlich die Frisur zerzaust und kaum je derart vergnügt geschaukelt. Logisch eigentlich, dass es schaukelt: Méhari heisst ja übersetzt auch «Renndromedar».

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