Vor bald fünf Jahren schockte BMW die Konkurrenz mit gleich zwei futuristischen Elektromodellen. Der rein elektrische i3 und der Plug-in-Hybridsportler i8 sollten die Strom-Zukunft der Bayern einläuten – und liessen insbesondere die Nachbarn aus Ingolstadt und Stuttgart ziemlich alt aussehen.
Vor 2020 geht nichts
Doch die Zeiten haben sich geändert: Längst sind mit dem Mercedes EQC und dem nächste Woche Weltpremiere feiernden Audi E-Tron Premium-SUV mit Stecker angekündigt, die jetzt wiederum in München für Schweissperlen auf den Manager-Köpfen sorgen könnten. Mal ganz abgesehen vom I-Pace von Jaguar, der nicht nur vorgestellt, sondern in diesen Tagen auch ausgeliefert wird. Der Konter von BMW folgte zwar schon im Frühjahr, als die Bayern in China den iX3 zeigten – die Elektro-Version des SUV X3. Der Haken: Vor 2020 werden Elektro-SUV-Kunden bei BMW nicht fündig.
iNext will neue Massstäbe setzen
Noch weiter in die Zukunft blicken die Münchner nun mit dem iNext: Der 5,05 Meter lange SUV wirkt optisch wie eine Mischung aus BMW X3 und einem Renault Espace mit knabberfreudigen Hasenzähnen – gewöhnungsbedürftig ist noch nett formuliert. Anders als die Konkurrenz aus Stuttgart und Ingolstadt will BMW keine halben Sachen machen und mit dem iNext einen SUV auf die Strasse bringen, der mehr sein will als ein E-Auto allein. Er soll nicht nur in Sachen Antrieb, sondern auch bei den Fahrerassistenzsystemen völlig neue Massstäbe setzen und kein halbgares Mittelding sein, um so schnell als möglich Kunden zu locken. Das Problem ist dabei, dass der BMW iNext kaum vor Herbst 2021 und somit erst in drei Jahren in die ersten Hauseinfahrten surren dürfte.
Zwölf E-Autos geplant
«Wir zeigen mit dem iNext auch unseren Innenraum der Zukunft», erläutert BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich, «es ist der Blueprint für die Zukunft von BMW, wenn wir in den nächsten Jahren zwölf Elektroautos vorstellen werden.» Das Design ist mit den sehr schmalen Scheinwerferaugen vorne und hinten, den grossen Karosserieflächen durchaus gefällig; aber durch die gigantische Doppelniere im Hasenzahndesign allemal polarisierend. Noch heftiger wird es im Innenraum, wo abzuwarten ist, wie viel Realitätssinn die Studie mit dem Serienmodell von 2021 gemein hat.
Touchsofa im Fond
Das Cockpit zeigt sich überraschend karg mit zwei aufgestellten Displays, die nicht so recht ins Gesamtkonzept zu passen scheinen. Schalter, Bedieneinheiten, Spiegel oder ein Head-Up-Display waren bei BMW scheinbar gestern. Die meisten Funktionen werden stattdessen per «Hey BMW»-Zuruf ähnlich wie bei den neusten Mercedes-Modellen bedient. Interessant wirds im Fond, wo es statt Sitzen ein Sofa gibt. Der Clou: einige Funktionen lassen sich mit Fingerübungen auf dem Stoff bedienen – das Touchsofa der Neuzeit ist geboren.
600 Kilometer Reichweite
Bei den Leistungsdaten hält sich BMW noch zurück. Der iNext wird ein rein elektrischer Allrad-SUV sein, dessen Akkus platzsparend im Boden verbaut sind und der in der Stufe 3 teilautonom auf einigen Strassen fahren kann. «Die Reichweite wird bei 600 Kilometer liegen», verrät Klaus Fröhlich, «man muss jedoch abwarten. Elektromobilität wird erst einmal eine regionale Sache sein. Wir sind stolz auf dieses Auto, weil es all das zeigt, was wir können.» Der Kunde kann sich daher freuen – muss aber noch lange warten.