Sitzen Sie bequem? Lehnen Sie sich zurück. Konzentrieren Sie sich. Also: Vereinfacht gesagt ist der Zwei-Scheiben-Wankel- (auch: Rotationskolben-)Motor im Mazda RX-8 ein innenachsiges System rotierender Drehkörper mit paralleler Lage der Drehachsen; die Kreiskolben rotieren umkehrfrei in Trochoidgehäusen und zugleich auf Exzenterwellen um die Eigenachse.
So weit, so gut, nur: Kann etwas so kompliziert sein – und zugleich im Alltag funktionieren? Macht so exotische Technik überhaupt noch Spass? Über diese Fragen streitet die SonntagsBlick-Autoredaktion seit dem ersten Test des Mazda RX-8 Ende 2003. Dann folgte der Langzeittest. Zwölf Monate lang und 30 000 Kilometer weit musste das viertürige Coupé mit dem einzigen Serien-Wankelmotor der Welt der harten Erprobung im Alltag der Autoredaktoren trotzen.
Über eines gab es nie Streit: Der Wankelmotor begeisterte vom ersten Tag als Spassmaschine. Ohne seinen seidigen Lauf einzubüssen, dreht er mühelos bis über 9000 Touren hinaus. Erst dann erklingt ein Warnton, der zur Mässigung ruft. Doch spätestens an der Tankstelle schrillen auch die Alarmklingeln im Kopf des Fahrers: Wird der RX-8 bauartgerecht – also hochtourig – bewegt, steigt sein Spritdurst sehr stark an. Auf 30 000 Kilometer registrierten wir im Schnitt 12,4 Liter Verbrauch auf 100 Kilometer – das ist für 231 PS heutzutage eindeutig zu viel. Zumal der Benzintank nur 61 Liter fasst, was häufige Nachfüllstopps notwendig macht. Eine sparsamere Fahrweise? Mit fleissigem Schalten des ausserordentlich knackigen Sechs-Gang-Getriebes lässt sich die zwar bewerkstelligen, wegen des trägen Durchzugs bis 3500 Umdrehungen bleibt Fahren in diesen Regionen allerdings vergnügungsfrei. Als sei dies nicht schon genug Pro und Kontra, waren wir sogar über den Sound verschiedener Meinung: Die Wankel-Fans genossen die «Heliturbine», Spötter unkten über die «Nähmaschine».
Keine Diskussionen gibt es über Mängel. Bis Kilometerstand 22 600 mussten nur kleinere Defekte ins Bordbuch eingetragen werden, wie «Beleuchtung Schalthebel defekt». Doch dann, nach zwei sehr frostigen Nächten im Freien, liess sich der RX-8 nicht mehr starten. Diagnose: Gefrorenes Kondenswasser hatte dazu geführt, dass die Sensoren des Einspritzsystems missverständliche Werte an die Motorelektronik übermittelten – die prompt die Benzinzufuhr erhöhte, bis der Wankelmotor «absoff». Ein Missgeschick im Missgeschick: 2600 Kilometer davor hätte beim Service ein Software-Update erfolgen sollen, das genau diesen Fehler verhindert hätte. Doch ausgerechnet am Tag des Routineeingriffs – waren das dazu notwendige Equipment der Werkstatt ausgefallen.
Hitzige Diskussionen unter den Redaktoren löste sogar die unbestritten aufregend gestylte Karosserie aus: Die Befürworter loben – weil sie einen menschenwürdigen Zugang zum Fond ermöglichen – die vier gegenläufig öffnenden Türen und empfinden den Fond selbst als erwachsenentauglich, den Sitzkomfort als perfekt, das Cockpit als chic, die Qualität als top.
Die Gegner dagegen stört, dass das Türsystem in engen Parklücken das Ein- und Aussteigen erschwert, der Mazda ungeachtet seiner vier Türen und seines recht grossen Kofferraums längst kein Familienwagen ist und es grossen Insassen an Kopffreiheit fehlt (Tipp für Menschen über 1,85 Meter: aufs Schiebedach verzichten). Flüche und verbrannte Finger brachte der kaum erreichbare Ölpeilstab mit sich – für Beruhigung sorgten dann die 0,34 Liter Motorölverbrauch auf 1000 Kilometer – weit weniger, als angesichts des Wankel-Rufs zu befürchten stand.
Einigkeit über alle Fronten hinweg herrscht bei den Testern punkto Fahrdynamik. Die erreichbaren Kurventempi liegen fern jeglicher Vernunft. Auf kurvigen Landstrassen mutiert der RX-8 zum Gokart mit Strassenzulassung – unter anderem dank seiner feinfühligen Lenkung. Schön auch, dass das Fahrstabilitätssystem ESP in Aktion tritt, wenn das Heck ausbricht – aber spät genug, um den Fahrspass zu erhalten. Und doch: Das Fahrwerk versöhnt Verehrer und Verächter nicht ganz. Die Federung wurde, je nach persönlichem Geschmack, mal als viel zu hart, mal als straff, aber durchaus reisetauglich empfunden.
FAZIT: Auch nach dem Langzeittest über 30 000 Kilometer bleibt der Mazda RX-8 in der Autoredaktion umstritten. Er ist ein Exot zum vergleichsweise günstigen Preis. Langeweile kommt mit ihm niemals auf – man liebt ihn oder hasst ihn. Wer ihn mag, nimmt auch die Nachteile gern in Kauf. Kein Wunder, grüssen sich RX-8-Fahrer unterwegs – sie gehören zu einer eingeschworenen Fangemeinde.
ANTRIEB: 2-Scheiben-Wankelmotor, 2 x 654 ccm, 231 PS, Drehmoment 211 Nm bei 5500/min. Heckantrieb, 6-Gang-Getriebe.
FAHRLEISTUNGEN: 0–100 km/h in 6,4 s, Spitze 235 km/h.
KAROSSERIE: 4 Türen, 4 Plätze. Länge 4,43 m, Breite 1,77 m, Höhe 1,34 m. Leergewicht 1390 kg, Kofferraum 290 l, Benzintank 61 l.
AUSSTATTUNG: (Cosmo), Sechs Airbags, ESP, Alufelgen, Xenonlicht, Klimaautomatik, Ledersitze, Sitzheizung vorne, elektrisch verstellbarer Fahrersitz, CD-Wechsler, «Bose»-Soundsystem, u. a.
TESTVERBRAUCH: Testverbrauch minimal/maximal/gesamt: 9,1/ 19,8/ 12,4 l/100 km. Motoröl-Testverbrauch: 0,34 l/1000 km.Energieeffizienz G.
PREIS: ab 38500 Franken. Testwagen (231 PS, «Cosmo») 48470 Franken.
ANTRIEB: 2-Scheiben-Wankelmotor, 2 x 654 ccm, 231 PS, Drehmoment 211 Nm bei 5500/min. Heckantrieb, 6-Gang-Getriebe.
FAHRLEISTUNGEN: 0–100 km/h in 6,4 s, Spitze 235 km/h.
KAROSSERIE: 4 Türen, 4 Plätze. Länge 4,43 m, Breite 1,77 m, Höhe 1,34 m. Leergewicht 1390 kg, Kofferraum 290 l, Benzintank 61 l.
AUSSTATTUNG: (Cosmo), Sechs Airbags, ESP, Alufelgen, Xenonlicht, Klimaautomatik, Ledersitze, Sitzheizung vorne, elektrisch verstellbarer Fahrersitz, CD-Wechsler, «Bose»-Soundsystem, u. a.
TESTVERBRAUCH: Testverbrauch minimal/maximal/gesamt: 9,1/ 19,8/ 12,4 l/100 km. Motoröl-Testverbrauch: 0,34 l/1000 km.Energieeffizienz G.
PREIS: ab 38500 Franken. Testwagen (231 PS, «Cosmo») 48470 Franken.