Porsche Design baut in Solothurn seine eigenen Zeitmesser
Flinke Finger, schnelle Uhren

Der Designer des legendären Elfers entwarf 1972 auch die erste Uhr mit dem Porsche-Logo. Heute fertigt Porsche Timepieces in Solothurn seine Uhren komplett selbst. Und schaut dabei auch bei den Sportwagen ab.
Publiziert: 15.12.2019 um 04:32 Uhr
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Aktualisiert: 16.12.2019 um 13:42 Uhr
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Porsche Timepieces: Am Hauptsitz von Porsche Desgin im österreichischen Zell am See werden noch heute die Porsche-Uhren gestaltet.
Foto: Zvg
Andreas Faust

So einfach kann man kein anderes Werk der Automobilindustrie betreten. Einfach klingeln, Geschäftsführer Rolf Bergmann (47) öffnet die Tür im Parterre eines Büroblocks in Solothurn – und schon steht man drin. Stahlkappen-Schuhe? Helm? Können wir für einmal vergessen. Wir brauchen nur reinweisse Kittel. In der Produktionshalle könnte man vom Boden essen und schweben teils nur 90 Partikel je Kubikmeter durch die Luft – und das soll auch so bleiben.

Doch Bergmann und seine 19 Kollegen schrauben keine Sportwagen zusammen: Im kleinsten Porsche-Werk laufen Uhren – nein, eben nicht vom Band, sondern werden in Handarbeit zusammengesetzt. Die zwei Uhrmacher schaffen je nach Modell, Auslastung und der Tagesform ihrer Finger zwischen drei und sechs Exemplare am Tag. Seit 2014 besteht Porsche Timepieces, aber die Uhren-Historie der Marke ist viel älter.

Erste Porsche-Uhr schon 1972

Im Jahr 1972 beschliesst Porsche-Patron Ferry: Schluss mit Streit am Familientisch – die Sippe soll sich ab sofort aus dem Porsche-Geschäft heraushalten. Sein 1935 geborener Sohn Ferdinand Alexander Porsche – kurz: F. A. – hatte 1963 zwar den 901 entworfen, der später als 911 zur Sportwagen-Ikone werden sollte. Aber auch er muss gehen, gründet ein Designstudio und zügelt damit 1974 ins österreichische Zell am See. Der Neubau entsteht nur 500 Meter vom Familiensitz Schüttgut entfernt.

Weil Uhren und Autos schon qua Motorsport irgendwie zusammengehören, gestaltet F. A. Porsche gleich 1972 seine erste Uhr. Ohne Bling-Bling, sondern nach dem alten Bauhaus-Prinzip von Form und Funktion: mattschwarzes Zifferblatt gegen Reflexionen, spiegelfreies Glas – der Chronograph I schaut aus wie ein 911er-Instrument. 1978 folgt eine Uhr mit Kompass, 1980 die erste Titanuhr und 1995 eine Weltzeituhr. Für die Produktion arbeitet er mit den Schweizer Uhrenmarken Orfina, IWC und Eterna zusammen – letztere übernimmt er 1995 praktischerweise. 2003 verkauft er sein Designstudio ans Mutterwerk; im Jahr 2012 verstirbt F. A. Porsche.

Spezielle Uhren passend zu Porsche-Sondermodellen

Rolf Bergmann baute Timepieces wie ein Start-up aus dem Nichts auf. Warum in Solothurn? Er weist auf die Schweizer Uhrentradition hin: In der Region gäbe es Zulieferer und Experten für die Produktion. Ausserdem müssen nach der seit 2017 geltenden Branchenverordnung 60 Prozent der Wertschöpfung eines Produkts in der Schweiz erbracht werden, um das in der Uhrenbranche wichtige Gütesiegel Swiss made zu erhalten.

Das Design erfolgt in Zell am See, Solothurn entwickelt und baut die Uhren, die dann vom deutschen Ludwigsburg aus vertrieben werden. Zum Programm gehören neben Standardmodellen auch passend zu Porsche-Sportwagen gestaltete Sondermodelle, die nur die Käufer des Autos ordern können. Den Anfang machte 2016 eine Uhr zum Porsche 911 Turbo S Exclusive Series: Aufzugsrotor wie die spezielle Felge des Elfers, dazu zahlreiche Details, die sich auch am Auto wiederfanden.

Entwicklung wie beim Auto

Die Entwicklung der Uhren – seit letztem Jahr mit einem eigenen Uhrwerk – erfolgt im sogenannten simultanen Engineering. Dieses Prinzip hatte Porsche anfangs der krisenhaften 1990er-Jahre gleich selbst erfunden und sich mit optimierter Effizienz so wieder in die Gewinnzone manövriert. Auch technisch guckt Solothurn öfters Richtung Hauptwerk Zuffenhausen. Bei der Monoblock Aktuator von 2017 bedient ein beweglicher Block die Stoppuhr – abgeschaut von der Ventilsteuerung der Porsche-Boxer. So schnell, dass Rundenzeiten ohne zwischenzeitliches Nullen abgelesen werden können. Damit bei der Weltzeituhr 1919 Globetimer während der Umstellung keine Sekunde verrutscht, arbeitet sie mit zwei Kupplungen wie in einem Doppelkupplungsgetriebe der Sportwagen: Berner Zeit läuft lückenlos weiter, während die New Yorker eingestellt wird.

Produziert werden die Uhren nach Kundenvorgaben für Farben oder Armband – ebenfalls wie bei den Sportwagen. Jeder Uhrmacher baut dabei eine Uhr vom Zusammenstellen der Teile an einer Art riesigem Apothekenschrank mit unzähligen Schubladen bis hin zur Lasergravur. Zum Abschluss muss jede Uhr 15 Tage in sechs Lagen bei drei Temperaturen Laufgenauigkeit beweisen. Die Stoppfunktion wird bis zu 10'000 Mal gedrückt; die Uhr fällt aus einem Meter Höhe, wird hochfrequenten Schwingungen ausgesetzt. Alles für das Zertifikat der Schweizer Kontrollstelle für Chronometer. Das immerhin erspart Porsche seinen Neuwagen.

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