Draussen Nebel und Nieselregen, und drinnen ist viel von Tennis die Rede: Viel britischer als die Special Vehicle Operations (SVO) von Jaguar Land Rover wirds nicht. Erst vor gut zwei Jahren haben die Schwestermarken die Abteilung für verwegene Träume gegründet. Nun wandern wir durch die nagelneuen Hallen nahe Coventry (GB). «Unsere Traumfabrik hat eine Fläche von 77 Tennisplätzen», sagt SVO-Boss Mark Stanton (56): «Die Lackiererei alleine ist 46 Tennisplätze gross.» Zur Exklusivtour gibts Kaffee der Geschmacksrichtung Nieselregen, dafür aber feine Schutzkittelchen in distinguiertem Dunkelblau. Very british.
Mehr Spielraum
So britisch wie der dezente Umgang mit Sonderwünschen. Schon bisher flog Jaguar Land Rover Kunden mit ausgesuchtem Gusto sowie ausgesuchtem Budget ein, um auf Mass zu fertigen – gerade bei Land Rovers Range-Rover-Topmodellen. Jetzt, da beide Marken ihre Autohausaufgaben gemacht haben und der Absatz deftig steigt, ist der Freiraum da, das Spezielle zu bieten. Noch als Generalprobe nur in England; bis 2018 in ganz Europa.
Bunte Vögel
Danach weltweit und mit lokalen SVO-Lounges. Wozu? Weil in Zeiten, in denen selbst ein Opel Adam frei konfigurierbar ist, im Luxussegment nichts boomt wie das Persönliche. 1100 Entwickler – weitere werden gesucht – und Experten geben bei SVO pro Auto im Schnitt über 31'000 Franken für Wunschlack, -leder und verrückte Extras aus.
Noch läuft die Lackiererei auf 5000 Autos pro Jahr, kann aber über das Dreifache stemmen. Das soll mit den Sport- und Veredlungsabteilungen etwa von BMW oder Mercedes konkurrieren, vor allem aber auch Bentley oder Rolls-Royce: Nicht immer steht Geld für Geltungsdrang, und statt des ultimativen Reichtumszeichens wie etwa Bentley Bentayga darf es gerade in Europa ein Range Rover als personifiziertes Understatment sein. Aber bitte nach Mass.
Der Kunde ist König
Wie das aussehen kann, zeigt etwa das neue SVO-Sportmodell. Oder die bei SVO gefertigten SVR-Powertypen. Oder gepanzerte Autos. Oder ab Frühjahr ein auf Over- statt Understatement gestyltes Spoilerpaket, das «asiatische Märkte anspricht», wie Stanton augenzwinkernd einräumt. Etwa jeder hundertste Kunde hat besondere Träume.
Falls es törichte sind wie ein Jaguar in Pink? Dann bekommt er ihn. «Wir versuchen dann zwar Alternativen anzudienen», sagt Stanton, «aber wenn der Kunde es so will, bekäme er es ohnehin irgendwo. Also machen wir es lieber selbst und nach unseren Standards. Dass viele Tuner mit unseren Produkten gute Geschäfte machen, liegt daran, dass wir das noch nicht geboten haben.»
Das läuft? «Ein Kunde wollte einen Range Rover personalisieren», verrät uns Stanton am coolen, gigantischen Touchscreen-Tisch, an dem wir uns aus der endlosen Farbvielfalt vergnügt einen ästhetisch fragwürdigen «Range» in mattem Giftgrün mit gelbem Dach und Vielfarbleder konfigurieren: «Am Schluss hat er sich vier gekauft.»