Tshekede Bufton Pitso war nicht irgendwer. Als einer der Chiefs der Bantu-Ethnie Hlubi war er sozusagen der heimliche zweite Bürgermeister im kleinen Ort Jozana in Südafrikas Ostkap-Provinz: das Bindeglied von Tradition zu Verwaltung, Ratgeber für 300 Haushalte, Redner, Schlichter, Verhandler.
Nach seinem Tod mit 74 Jahren wurde Pitso jetzt weltweit bekannt: Wie der deutsche «Spiegel» berichtet, wurde der Chief quasi chefgemäss bestattet: Statt im profanen Sarg trat der Politiker der United Democratic Movement (UDM) in seiner Mercedes-Limousine den letzten Weg an.
Sein letzter Mercedes
Pitsos Tochter erklärts: «Für ihn gab es zwei Sorten von Autos: Mercedes – und den Rest.» Als erfolgreicher Geschäftsmann fuhr der Chief (was man nicht als «Chef», sondern «Stammesführer» übersetzt) seit den 1970er-Jahren stets Mercedes. Nach dem Ende der Apartheid 1994 fielen internationale Handelsketten in Südafrika ein und ruinierten die von Pitso betriebenen Supermärkte. Mercedes konnte sich der beliebte Pitso nicht mehr leisten. Also lief er: lieber gar kein Auto als eines ohne Stern.
Doch vor zwei Jahren hielt er es nicht mehr aus. Das Leben sei nicht ewig, soll er gesagt haben – und kaufte eine 23-jährige Mercedes-Occasion.
Das Auto als Büro
Fortan nutzte Pitso die weisse E-Klasse als Büro: Empfing die Besucher im Auto (verbat sich aber Rauchen und Alkohol), arbeitete, schrieb Reden. Oft einen halben, manchmal den ganzen Tag. Vor allem abends sass er oft nur da, die Hände am Lenkrad, und genoss so den Sonnenuntergang.
Wobei er die Motorengeräusche nachahmen musste. Denn schon ein halbes Jahr nach dem Kauf hatte seine 1995er E-Klasse (Baureihe W 124) leider den Geist aufgegeben. Teile fehlten, vielleicht auch Geld. Pitso war das einerlei.
Letzte (Himmel-)Fahrt
Mit 74 Jahren entschlief der Chief. Nein, nicht im Mercedes. Aber sein letzter Wille lautete: im Benz in die Ewigkeit fahren. Stundenlang kofferten Bagger die Grube aus. Pitso sass im weissen Anzug auf dem Fahrersitz, angegurtet, die Hände von Kabelbindern am Lenkrad gehalten. Eine Himmel-Fahrt.
Nicht so ungewöhnlich, wie es tönt: Immer wieder gibts (allerdings oft kaum nachprüfbare) Fälle, in denen Verstorbene im Auto bestattet werden, etwa in Nigeria in einem BMW X6 und in China im Hyundai Sonata. Und in den USA soll es gar einen echten Mercedes als Grabstein geben.
Hierzulande undenkbar
Könnten sich Autofans in der Schweiz so bestatten lassen wie Chief Pitso? BLICK fragte bei der Stadt Zürich als grösster Schweizer Gemeinde nach. Die Antwort ist eindeutig. «Nein. Körper von Verstorbenen müssen im Sarg erdbestattet werden», erläutert Bruno Bekowies (54), Stellvertretender Leiter des Bestattungs- und Friedhofsamtes: «Schon aus Gründen des Umweltschutzes ginge ein Auto nicht. Die einzige Möglichkeit wäre eine Feuerbestattung, um die Urne dann zu Hause im Fahrzeug zu platzieren.»
Darf ich wenigstens meinen geliebten Oldtimer als Grabmal verwenden? «Leider nein», sagt Bekowies schmunzelnd. «Aber wir hatten einmal die Idee eines No-Limits-Grabfeldes – denn wir erfüllen gerne spezielle Wünsche, falls sich niemand daran stört. Und die Nachbildung eines Autos als Grabmal wäre sicher möglich. Aber ein echtes Auto stiesse hierzulande auf Widerstand. In den nächsten Jahren sehe ich das nicht.»