Zweimal im Monat fällt jemand ins Wasser
Gerettet werden die wenigsten

Mehr als 20 Personen pro Jahr gehen durchschnittlich von Kreuzfahrtschiffen über Bord. Die Überlebenschancen sind gering. Denn: Die wenigsten können gerettet werden. Oft gilt: Je wärmer das Wasser, desto grösser die Überlebenschancen.
Publiziert: 12.09.2018 um 02:39 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 23:02 Uhr
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Auf der Aidaluna passierte am Sonntag das Unfassbare.
Foto: Daniel Gammert/DPA-Zentralbild
Anian Heierli

Es ist Sonntag früh, kurz vor 6 Uhr. Das Kreuzfahrtschiff Aidaluna hält Kurs auf die neufundländische Stadt St. John's. 200 Kilometer vor der Küste passiert das Unfassbare. Der deutsche Pop-Star Daniel Küblböck (33) springt von Deck 5 ins 10 Grad kühle Wasser.

Hoffnung Daniel Küblböck zu finden schwindet
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Suchaktion abgebrochen:Hoffnung Daniel Küblböck zu finden schwindet

Passagiere schlagen Alarm. Sofort drosselt der Kapitän die Motoren und leitet das Mann-über-Bord-Manöver ein. Sprecherin Godja Sönnichsen vom Kreuzfahrt-Anbieter Tuicruises sagt zu BLICK: «Die Suche und Zählung aller Gäste an Bord wird sofort ausgelöst.» 

Im Fall der Aidaluna kommen ein Helikopter und ein Suchflugzeug der kanadischen Küstenwache zum Einsatz. Sogar ein weiteres Kreuzfahrtschiff beteiligt sich an der Suche. Doch die Aktion ist erfolglos. Am Montag wird die Suche abgebrochen – im Wissen darum, dass Daniel Küblböck kaum noch Überlebenschancen hat.

Harter Aufprall, Schock, eisiges Wasser

Denn: Deck 5 befindet sich rund 20 Meter über der Wasserlinie. Allein das Risiko, sich beim Aufprall aus dieser Höhe ernsthaft zu verletzen, ist gross. Mindestens so gefährlich sind die eisigen Wassertemperaturen. Laut Mike Tipton, Überlebensexperte an der englischen Universität Portsmouth, kann es kurz nach dem Sprung zum sofortigen Kälteschock kommen. In diesem Fall verliert die Person wegen des drastischen Temperaturunterschieds die Kontrolle über den Atem, inhaliert Wasser und ertrinkt. 

Bestenfalls also blieb Küblböck nach dem Eintauchen unverletzt und gefasst. Doch selbst dann drängt die Zeit. Laut Tipton droht bereits nach zwei Stunden im 10 Grad kalten Wasser der Tod durch Erfrieren.

Professor Ross Klein von der Memorial Universität in Neufundland (Kanada) dokumentiert Fälle von Personen, die auf Kreuzfahrtschiffen über Bord gehen. Die Statistik zeigt: Nur 17 Prozent werden gerettet. Anders gesagt: Für 8 von 10 Verunglückten kommt jede Hilfe zu spät.

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Schon 19 Personen gingen 2018 über Bord

Die Daten von Professor Klein zeigen auch, dass ein Fall wie derjenige von Küblböck keine Seltenheit ist. Zwischen 2006 und 2018 fielen weltweit 267 Menschen von Kreuzfahrtschiffen über Bord. Das sind rund zwei Passagiere oder Crew-Mitglieder im Monat. Mit Küblböck sind es in diesem Jahr bereits 19 – von denen drei gerettet wurden. Allerdings verunglückten die drei Überlebenden in wärmeren Gewässern als der Deutsche.

Zuletzt gab es ein solches Wunder am 18. August. Die Britin Kay Longstaff (46) ging an der Adria über Bord. Sie war Passagierin auf dem Kreuzfahrtschiff Norwegian Star, das vom kroatischen Hafen Pula in Richtung Venedig (Italien) fuhr. Nach zehn Stunden wurde sie von der Küstenwache gerettet. Obwohl das Wasser rund 20 Grad warm war, kämpfte sie mit der Kälte. Sie erzählte später, dass sie sich durch Singen warmgehalten habe – ihre Rettung.

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