Es geschieht nicht oft, dass Recep Tayyip Erdogan seinen Gegnern politische Geschenke macht. Doch genau das tat der türkische Präsident, als er vor den Abgeordneten seiner AK-Partei am vergangenen Dienstag über seine Zukunft sinnierte: Sollten die Wähler einmal «tamam» von ihm haben, könne er sich auch einen Rückzug aus der Politik vorstellen.
Natürlich war das nur so dahingesagt. Der Präsident kann sich nicht vorstellen, dass die Türken wirklich einmal «genug» von ihm haben könnten. Doch mit dem einen Wort, das auch «einverstanden» bedeuten kann, lieferte er der Opposition ihr bisher bestes Wahlkampfmotto.
Plötzlich wird die Wahl wieder spannend
Auf einmal ist der von Erdogan auf den 24. Juni vorgezogene Urnengang wieder spannend geworden. Dass seine parlamentarischen Gegner für dieses eine Mal mit dem Präsidenten einverstanden sein würden, war absehbar.
Temel Karamollaoglu, der Vorsitzende der kleinen islamistischen Saadet-Partei, erbat auf dem Kurznachrichtendienst Twitter sogar himmlischen Beistand: «Tamam Inshallah» zwitscherte der fromme Mann – genug, so Gott will.
Doch dann wurde schnell klar: Erdogans prognostizierter Wahlsieg wird kein Spaziergang. Mehr Türken als gedacht haben genug vom starken Mann am Bosporus. Über zwei Millionen Einträge mit dem Twitter-Hashtag #tamam in kaum 24 Stunden: Einen solch veritablen Shitstorm hat der türkische Präsident noch nie erlebt.
Seitdem geht im prunkvollen Präsidentenpalast in Ankara die Angst um.
Angst vor der Wirtschaftskrise
Die Zahl der Wähler, die noch im Januar den Terrorismus für die grösste Gefahr hielten, hat sich auf nur noch 18 Prozent halbiert. Zum Auftakt der heissen Phase des Wahlkampfs fürchtet sich stattdessen jeder zweite Befragte vor einer drohenden Wirtschaftskrise.
Jahrelang konnte Erdogan mit seinen unbestreitbaren Wirtschaftserfolgen punkten. Seit er vor 15 Jahren an die Macht kam, sind in den ärmeren und ländlichen Regionen Millionen Arbeitsplätze entstanden. Milliarden Euro teure Prestigeprojekte wie den neuen Istanbuler Flughafen, Brücken, Autobahnen und schnelle Bahntrassen im ganzen Land verkaufte er als Symbole für die Entwicklung des Landes.
Doch jetzt zeigt sich: Die türkische Wirtschaft, die im vergangenen Jahr noch um 7,4 Prozent wuchs, ist in Wahrheit auf Schuldensand gebaut.
Die Milliarden, die die Zentralbank auf Weisung Erdogans in die Ökonomie pumpen musste, haben zwar das Geld billig gemacht. Doch gegenüber dem Euro ist die türkische Lira inzwischen so schwach wie noch nie. Die Inflation liegt bei über zehn Prozent. Und die Arbeitslosigkeit steigt.
Demokratie als «Traum»
Im Gespräch mit dem «Spiegel» brachte es der Istanbuler Ökonom Mustafa Sönmez auf den Punkt: «Die türkische Wirtschaft ist gedopt!»
Der von Erdogan vorangetriebene Umbau der türkischen Demokratie in ein autokratisches Präsidialsystem war für viele Wähler unter der Prämisse des stetig steigenden Wohlstands akzeptabel. Selbst die Definition ihres streng religiösen Führers von der Demokratie als einem Traum, «von dem man jederzeit auch wieder abspringen kann», nahmen sie hin.
Erst jetzt, da sich Erdogans Wirtschaftsglitzerwelt als brüchige Fassade entpuppt, ist «tamam» das Wort der Stunde.
Doch es dürfte zu spät sein. Wenig deutet auf eine Niederlage Erdogans hin – auch wenn dem neuen «Sultan» der politische Gegenwind immer stärker ins Gesicht bläst.
Am 24. Juni finden in der Türkei die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen statt. Möglichen Wahlkampf-Auftritten hochrangiger Politiker im Ausland haben mehrere westeuropäische Länder Absagen erteilt. Auch Schweizer Politiker haben vorsorglich ein Verbot gefordert.
Angesichts des rauen Windes, der ihm aus Westeuropa entgegenbläst, konzentriert Erdogan seinen Wahlkampf im Ausland nun auf den Balkan. Am 20. Juni reist er für die UETD-Generalversammlung nach Bosnien. Auch die UETD Schweiz wirbt für den Anlass in der Olympia-Halle in Sarajevo – einer ehemaligen Eissporthalle mit 12'000 Plätzen.
Am 24. Juni finden in der Türkei die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen statt. Möglichen Wahlkampf-Auftritten hochrangiger Politiker im Ausland haben mehrere westeuropäische Länder Absagen erteilt. Auch Schweizer Politiker haben vorsorglich ein Verbot gefordert.
Angesichts des rauen Windes, der ihm aus Westeuropa entgegenbläst, konzentriert Erdogan seinen Wahlkampf im Ausland nun auf den Balkan. Am 20. Juni reist er für die UETD-Generalversammlung nach Bosnien. Auch die UETD Schweiz wirbt für den Anlass in der Olympia-Halle in Sarajevo – einer ehemaligen Eissporthalle mit 12'000 Plätzen.