Landesweit sorgte der Prozess um Kyle Rittenhouse (18) in den USA für Aufsehen. Mit gerade einmal 17 Jahren erschoss der Teenager an den Black-Life-Matters-Protesten in Kenosha im Bundesstaat Wisconsin zwei Menschen.
Nun wurde Rittenhouse von einem Geschworenengericht in Kenosha in allen Anklagepunkten freigesprochen. Bei der Urteilsverkündung brach der 18-Jährige in Tränen aus.
Biden zeigt sich besorgt
Rittenhouse' Anwälte argumentieren, der damals 17-Jährige habe in Notwehr gehandelt. Die Anklage hatte dies am Montag zurückgewiesen und argumentiert, es sei Rittenhouse gewesen, der den Vorfall am 25. August 2020 «provoziert» habe. Er sei «in allen Punkten für schuldig zu befinden». Rittenhouse selbst hatte vergangene Woche vor Gericht gesagt, er «habe nichts falsch gemacht», sondern sich «selbst verteidigt».
US-Präsident Joe Biden erklärte: «Obwohl das Urteil in Kenosha bei vielen Amerikanern ein Gefühl des Ärgers und der Sorge zurücklassen wird, und dazu gehöre ich auch, müssen wir anerkennen, das die Geschworenen gesprochen haben.» Biden forderte die Bürger auf, ihre Reaktionen zu dem Urteil friedlich und in Einklang mit dem Gesetz auszudrücken. «Gewalt und die Zerstörung von Eigentum haben in unserer Demokratie keinen Platz», erklärte er. Er habe dem Gouverneur von Wisconsin, Tony Evers, jegliche Unterstützung der Bundesregierung zur Einhaltung der öffentlichen Sicherheit zugesagt.
Der mit einem halbautomatischen Gewehr bewaffnete Teenager war im August 2020 nach Kenosha gereist und hatte sich dort bewaffneten Männern angeschlossen, die nach eigenen Angaben Geschäfte vor Plünderern schützten wollten. In der Stadt war es zu teils gewalttätigen Protesten gekommen, nachdem ein Polizist den Afroamerikaner Jacob Blake mit mehreren Schüssen in den Rücken schwer verletzt hatte.
Trump stellte sich hinter Rittenhouse
Bei Auseinandersetzungen erschoss Rittenhouse zwei Männer und verletzte einen dritten schwer. Rittenhouse ist weiss, ebenso wie seine Opfer. Seine Anwälte argumentieren, er sei von Randalierern angegriffen worden und habe sich verteidigen müssen.
Nach seiner Festnahme wurde Rittenhouse zu einer Art Galionsfigur des rechten Lagers: Die Kaution von zwei Millionen Dollar kam durch Spenden schnell zusammen, zu seinen Unterstützern gehörte der Schauspieler und frühere Kinder-Star Ricky Schroder («Der kleine Lord»).
Auch der damalige Präsident Trump stellte sich hinter Rittenhouse: Dieser habe «in grossen Schwierigkeiten» gesteckt, weil Demonstranten ihn «gewaltsam angegriffen» hätten, sagte der Rechtspopulist damals. «Er wäre vermutlich getötet worden.»
500 Nationalgardisten in Alarmbereitschaft
In den USA hatte es im vergangenen Jahr nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz und weiteren Fällen von Polizeigewalt gegen Schwarze landesweite Anti-Rassismus-Proteste gegeben. Trump machte für Ausschreitungen am Rande der Proteste der Bewegung Black Lives Matter immer wieder linke Gruppen wie die Antifa verantwortlich.
Wisconsins Gouverneur Tony Evers hat 500 Mitglieder der Nationalgarde des Bundesstaats in Bereitschaft versetzt, sollte es nach einem Urteil in dem Fall zu Unruhen kommen. (zis/AFP)