Wegen der zunehmenden Gewalt der militant-islamistischen Taliban und steigender Corona-Infektionen sei die Rückführung abgelehnter Asylbewerber derzeit ein Grund zur Sorge, hiess es am Samstag in einer Erklärung des für Flüchtlinge zuständigen Ministeriums. Ausserdem sei man besorgt über eine wachsende Zahl von Menschen, die im Ausland Asyl suchten sowie im Land selbst auf der Flucht seien.
Viele europäische Länder schieben abgelehnte Asylbewerber nach Afghanistan ab, auch Deutschland. Erst am Mittwoch war eine Maschine mit 27 abgeschobenen Männer an Bord in Kabul eingetroffen. Es war die 40. Sammelabschiebung seit dem ersten derartigen Flug im Dezember 2016. Damit haben Bund und Länder bisher 1104 Asylbewerber nach Afghanistan zurückgebracht.
Abschiebungen in das Krisenland sind umstritten. Trotz der Aufnahme von Friedensgesprächen im September geht der Konflikt mit den Taliban weiter. Seit Beginn des Abzugs der internationalen Truppen aus Afghanistan Anfang Mai hat sich die Sicherheitslage zugespitzt. Die Islamisten haben seither ein Viertel der Bezirke im Land neu erobert. Dabei haben sie Hunderte Regierungskräfte getötet, verwundet, gefangen genommen oder zur Aufgabe überredet.
Nach UN-Daten mussten zwischen Anfang Mai und Ende Juni fast 84 000 Menschen innerhalb Afghanistans vor den Kämpfen aus ihren Dörfern und Städten fliehen. Täglich kommen Zivilisten in dem Konflikt im Kreuzfeuer bei Gefechten, durch Bomben am Strassenrand oder auch durch gezielte Tötungen ums Leben.
Bundesaussenminister Heiko Maas hatte am Montag gesagt, er halte die bisherige Abschiebepraxis trotz der Zunahme der Gewalt noch für vertretbar. Die Bundeswehr hat Afghanistan Ende Juni verlassen. Der Abzug der US-Truppen sei zu mehr als 90 Prozent abgeschlossen, teilte das Pentagon am Dienstag mit.
(SDA)