«Ich wusste, jetzt muss etwas passieren»
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Paraglider nach Horror-Sturz:«Ich wusste, jetzt muss etwas passieren»

Zürcher Paraglider Kevin Philipp (34) fällt wie ein Stein in die Tiefe
Rettung erst Sekunden vor dem Aufprall!

Während seines Trainings in Spanien gerät der Zürcher Gleitsegler in eine lebensgefährliche Notsituation. Seine Schirme verheddern sich. Er fällt wie ein Stein in die Tiefe. Eine Sekunde vor dem Aufprall gelingt ihm, den letzten Notschirm zu ziehen. Gerettet!
Publiziert: 04.08.2022 um 20:07 Uhr
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Paraglider Kevin Philipp (34) trainiert seit zwei Monaten für die Schweizer Meisterschaften in Katalonien. Beim Probieren des «Twisty Misty»-Tricks versagten alle Schirme. Der Zürcher konnte sich nur in letzter Sekunde retten.
Foto: Zvg
Myrte Müller

Er zählt zu den besten 20 Paraglider-Akrobaten der Welt. Kevin Philipp (34) hat in seiner Laufbahn schon viele brenzlige Situationen erlebt. Sieben Mal musste er schon die Reissleine der Reserveschirme ziehen. Doch so nah am Abgrund wie am Nachmittag des vergangenen 27. Juli stand der gelernte Polymechaniker aus Bubikon ZH wohl noch nie. Weil der Hauptschirm in sich zusammenfällt und die Notschirme sich in den Leinen verheddern, droht Kevin Philipp ungebremst aufzuschlagen. Wie durch ein Wunder kann er sich in letzter Sekunde retten.

In zwei Wochen steigen die Schweizer Meisterschaften. Kevin Philipp trainiert dafür. Seit zwei Monaten ist er in Spanien. «Fast täglich fliege ich», sagt der versierte Paraglider gegenüber Blick. «Ich bin fit und vorbereitet.» Das rettet ihn am vergangenen Freitag das Leben.

Gefährliche Thermen für Gleitschirm-Akrobaten

Es ist kurz nach 15 Uhr. Im spanischen Organyà treibt die Hitzewelle die Temperaturen auf über 35 Grad. «Die thermische Aktivität war sehr hoch», erinnert sich Kevin Philipp, «nicht ideal für die Akrobatik-Tricks». Kevin fliegt dennoch und probiert den «Twisty Misty». Am Helm läuft die Kamera live mit. Die Bilder, die nun folgen, rauben einem den Atem.

«Den Trick beherrsche ich eigentlich gut», sagt der Gleitschirm-Akrobat. Doch auf etwa 800 Metern Höhe bleibt die Bremsleine hängen. «Ich machte einen halben Salto und konnte den Schirm beim Nach-vorne-Schiessen nicht mehr stoppen», erzählt Kevin Philipp weiter. Das Unheil nimmt seinen Lauf.

Der Schirm klappt zusammen. Kevin Philipp rast mit 100 km/h wie ein Stein in die Tiefe. Er zieht den ersten Rettungsschirm. Der verheddert sich in den Leinen. «Dann habe ich den zweiten Notschirm geworfen. Nicht weit genug. Er blieb neben mir hängen», sagt der Extremsportler. Mittlerweile fehlen nur wenige Sekunden bis zum Aufprall. «Ich habe mir das Paket gegriffen und den Schirm mit der Hand geöffnet.» Der Schirm bremst ab, wenige Meter über dem Boden. «Ich bin über meinen mit Schaumstoff gepolsterten Rückenprotektor abgerollt und blieb unverletzt.»

«Das wollte ich nicht meiner Mutter antun»

Panik habe er keine verspürt. «Ich habe nur funktioniert, nur zum Schluss wurde ich ein wenig nervös», sagt Kevin Philipp. «Meine Reaktion hat mich schon überrascht.» Seine einzige Sorge: die Mutter. «Sie war kurzfristig angereist mit zwei Nichten. Sie hat mir zum allerersten Mal beim Akrobatik-Fliegen zugesehen», sagt Kevin Philipp. «Ich habe beim Absturz nur gedacht: Das will ich ihr auf keinen Fall antun. Sie hat schon so viel mit mir durchgemacht.»

Was Kevin Philipp damit meint, liegt genau fünf Jahre zurück. Da geriet der Zürcher Gleitschirmflieger in eine Leerthermik und knallte auf eine Wiese. «Die schweren Verletzungen zwangen mich fünf Monate in den Rollstuhl. Ich war vom Bauchnabel abwärts gelähmt.» Kaum wieder genesen, sprang der leidenschaftliche Paraglider schon wieder. Und auch das Erlebnis in Spanien kann ihn nicht bremsen. «Heute werde ich wieder trainieren», sagt Kevin Philipp und fügt hinzu: «Dieser Traum vom Fliegen hat mich nie abgehalten, weiterzumachen, weil die Erfahrungen und Erlebnisse mich stark geprägt haben. Sie haben mich wachsen und die schönsten und unglaublichsten Erinnerungen meines Lebens erleben lassen. Und dafür bin ich sehr froh und dankbar.»

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