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Zürcher Intensiv-Mediziner erklärt
Bekommen auch Schweizer die Trump-Behandlung?

Der erkrankte US-Präsident erhält zahlreiche experimentelle Medikamente. Wie sinnvoll sind sie – und: wie exklusiv? Das erklärt der leitende Intensivmediziner Peter Steiger vom Unispital Zürich auf Blick TV.
Publiziert: 05.10.2020 um 11:32 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2020 um 13:04 Uhr

Remdesivir, ein Antikörper-Cocktail – und nun auch noch das Steroid Dexamethason. Es klingt nach einer ziemlichen chemischen Keule, die US-Präsident Donald Trump (74) laut seinem Leibarzt Sean Conley (40) verabreicht bekommt.

«Auch Schweizer bekommen diese Medikamente», sagt Peter Steiger, stellvertretender Direktor am Institut für Intensivmedizin vom Unispital Zürich. «Aber: Die Indikation muss stimmen! Man gibt nicht jedem, der positiv getestet ist, gleich alles zusammen – sondern man muss schon eine gewisse Symptomatik haben.» Trumps Medikamente würden dann verabreicht, wenn ein Covid-19-Patient Sauerstoff brauche, sich der Status verschlechtert und er eindeutige Symptome habe.

Der Experte erklärt auf Blick TV Trumps Medikamentenliste:

Remdesivir

«Remdesivir haben wir früher nur bei Studien bekommen. Mittlerweile ist es überall zugänglich.» Das Ebola-Medikament könne die Krankheitsdauer um etwa vier Tage verkürzen. Dass es aber den Tod tatsächlich verhindert, sei noch nicht nachgewiesen

Antikörper-Cocktail

«Das ist etwas, was wir nur bei Studien machen können. Das ist noch nicht zugelassen. Aber in den USA ist das auch nicht anders.» Der Experte ist vorsichtig: «Mal schauen, wie viel es hilft. Es ist aber vielversprechend.»

Dexamethason

«Dexamethason ist etwas, für das es in England eine grosse Studie gegeben hat.» Die habe gezeigt, dass der Zustand des Patienten damit bei Entzündungszeichen verbessert werden könne. «Man muss aber sagen: Die Sterblichkeit dort ist deutlich höher als bei uns. Deswegen war sie dort mit Dexamethason so wie bei uns ohne», weist der Experte auf länderspezifische Besonderheiten hin.

Aber auch in der Schweiz sei das Mittel mittlerweile gängig. «Wir geben es bei Patienten, die Sauerstoff brauchen, die hospitalisiert sind und bei denen wir sehen, dass es ihnen schlechter geht und die Entzündungszeichen steigen.» Spricht das dafür, dass Donald Trump doch ernster krank ist? Der Intensivmediziner Steiger will keine Ferndiagnose stellen. Auf Basis der vom Weissen Haus veröffentlichten Informationen meint er vorsichtig: «Wir hätten es wahrscheinlich noch nicht gegeben – aber ich kenne die Umstände natürlich nicht genau.»

Verfährt Trumps Ärzteteam also nach dem Motto: Viel hilft viel?

«Ich glaube, man hat Donald Trump schon relativ viel gegeben – quasi alles, was man vernünftigerweise gerade auf dem Markt hat. Ich kenne die genauen Umstände natürlich nicht, aber die Therapie ist nicht viel anders als auch bei unseren Patienten», sagt Peter Steiger.

Eine solche Behandlung erwarte Herrn und Frau Schweizer im Spital nur, wenn die Situation wirklich ernst wäre. Der Experte erklärt: Bei einem schweren Verlauf wäre die Sauerstofftherapie das erste Mittel der Wahl. Dabei gäbe es verschiedene Möglichkeiten. Remdesivir sei zudem auch ein Medikament, das man mittlerweile recht schnell gebe. «Und man schaut, ob Sie sich für eine Plasmatherapie qualifizieren.» Zu dem Antikörpercocktail, den auch Trump bekam, liefen gerade mehrere Studien. Ob man aufgenommen wird, hänge von Alter und Risikofaktoren ab. Die Antikörper stammten von Patienten, die Covid-19 bereits durchgemacht hätten.


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«Es gibt keine bessere Behandlung im Moment»

Am Sonntag gaben Trumps Ärzte zu, dass die Sauerstoffsättigung des Patienten zweimal abgesackt sei. Ein Zeichen, dass es wirklich brenzlig wird? «Das ist ein Zeichen, dass das Virus wirklich da und aktiv ist», sagt Peter Steiger. Ganz am Anfang befalle das Virus die Lunge und die Blutgefässe. Das führe zu einer Entzündungsreaktion. «Dadurch wird das ganze Gefäss ein bisschen dicker. Und dadurch wird es schwieriger für den Sauerstoff, aus dem Blut in die Organe zu kommen – aber natürlich auch umgekehrt von der Lunge in die Blutgefässe.» Deswegen sei eine tiefe Sauerstoffsättigung typisch für Covid-19-Patienten. «Anfangs sogar häufig ohne Atemnot – mit der Zeit, wenns dann etwas vorwärts geht, auch mit Atemnot.»

Wie kritisch ist die tiefe Sauerstoffsättigung? «Das kommt darauf an, wie tief der Wert war. Aber es braucht schon einiges, bis es wirklich gefährlich wird. Und als Arzt kann man die Sättigung natürlich verbessern, indem man einfach Sauerstoff gibt.» Direkt an das Beatmungsgerät muss man dafür nicht: Die Ärzte greifen je nach Situation auf verschiedene Möglichkeiten zurück. Wie das genau funktioniert, zeigt der Experte auf BlickTV direkt an Chefredaktor Jonas Projer.

Was Trumps «VIP-Behandlung» angehe, sei klar: «Es gibt keine bessere Behandlung im Moment.» Die «Wunderdroge» gegen das Virus sei schliesslich noch nicht gefunden. «Wir haben ganz viele Sachen ausprobiert. Wir wissen, dass viele Sachen, die anfangs ein Hype waren, doch nicht nützen – leider.» Zum Beispiel das HIV-Medikament oder das Malaria-Mittel Hydroxychloroquin, das auch Trump im Mai für zwei Wochen einnahm. «Das gibt man im Moment nicht. Unterdessen sind Remdesivir, Dexamethason und die Plasmatherapie das vielversprechendste.» Es mache aber keinen Sinn, dem Patienten einfach alles zu geben, was überhaupt möglich ist. Das könne sogar schaden. (kin)


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