Zu wenig Lohn, schlechte Bedingungen
Im Kosovo werden dringend Fachkräfte gesucht

Dem Balkan, insbesondere dem Kosovo, laufen die Fachkräfte davon. Experten schlagen Alarm.
Publiziert: 13.08.2022 um 20:16 Uhr
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Ein Arbeiter bei der Produktion von Fensterrahmen in Pristina: Leute wie er sind gefragt, suchen sich jedoch lieber im Ausland Arbeit.
Foto: imago/photothek

Im Kosovo haben allein im vergangenen halben Jahr Tausende Arbeitnehmer ihren Job aufgegeben. Dementsprechend ist der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften extrem hoch. Das hat Konsequenzen für verschiedene Wirtschaftsbereiche.

In Pristina, aber auch in anderen Städten des Kosovo, sieht man überall Anzeigen, mit denen Arbeiter gesucht werden. Zwar sind die Gehälter nicht hoch, aber es gibt Arbeit. Fatos Mjeku, Vorarbeiter in einem Bauunternehmen, erzählt laut «Albora» vom ständigen Mangel an Arbeitskräften und sagt, fast alle seine Leute seien in verschiedene europäische Länder abgewandert.

Mjeku sagt auch, dass ein Arbeiter derzeit 25 Euro pro Tag für 9 Stunden Arbeit erhält. Seiner Meinung nach hat der Lohn die meisten seiner Leute dazu veranlasst, dass sie nicht im Kosovo bleiben wollten. Es gebe fast in allen Bereichen wie Baugewerbe, Gastronomie und Handel Arbeitskräftemangel, sagt Mjeku weiter.

170 Euro Lohn pro Woche

Jusuf Azemi, Vorsitzender der Unabhängigen Gewerkschaft des Privatsektors, sagt, dass dieses Jahr bis Juni mehr als 65'000 Arbeitnehmer den Privatsektor verlassen hätten. In einem Interview zeigt er auf, dass im vergangenen Jahr mehr als 42'000 Menschen ihre Arbeit aufgegeben haben. Azemi fügt hinzu, dass es an qualifizierten Arbeitskräften mangele, die aufgrund der Bedingungen gezwungen seien, ins Ausland zu gehen.

Arbeiterbewegungen würden auf der ganzen Welt stattfinden, sagt Azemi. «Bei uns passiert es, weil ein Gehalt von 170 Euro, keine angemessenen Arbeitsbedingungen und viele andere Probleme mit dem Arbeitsrecht diese Arbeitnehmer verunsichern.» Die Arbeiter hätten ihre Hoffnung verloren und orientierten sich im Ausland für bessere Bedingungen.

Das Arbeitsgesetz im Kosovo sieht 40 Arbeitsstunden pro Woche, einen Arbeitsvertrag, bezahlten Jahresurlaub und anderes vor. Die meisten Leute – etwa 220'000 – sind in der Privatwirtschaft beschäftigt. Das durchschnittliche Bruttogehalt in diesem Bereich liegt bei rund 380 Euro im Monat.

Arbeitslosenquoten liegt bei über 25 Prozent

Über 80'000 Menschen sind im öffentlichen Dienst beschäftigt, während das durchschnittliche Bruttogehalt dort bei rund 620 Euro liegt. Aus dem öffentlichen Sektor werden weder Probleme mit der Nichteinhaltung des Arbeitsgesetzes noch ein Mangel an Arbeitskräften gemeldet. Landwirtschaft, Gastronomie, Baugewerbe und Handel berichten hingegen von grössten Schwierigkeiten, Arbeitskräfte zu finden.

Die Arbeitslosigkeit im Kosovo liegt laut Statistikamt (ASK) bei über 25 Prozent. Die neuesten ASK-Daten zum Arbeitsmarkt zeigen, dass von über einer Million Bürgern im erwerbsfähigen Alter im Kosovo über 350'000 erwerbstätig und über 120'000 arbeitslos sind. Laut ASK sind zudem etwa 750'000 Bürger nicht erwerbstätig, das heisst, sie gehen weder einer Arbeit nach, noch sind sie als arbeitslos gemeldet oder auf der Suche nach Arbeit.

Den Trend der Abwanderung von Arbeitskräften aus verschiedenen Bereichen macht nicht nur der Kosovo durch. Andere Länder in der Region sind von der tiefen Krise um qualifizierte Arbeitskräfte ebenfalls betroffen.

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