Die Bestürzung erreichte Montabaur mit Verspätung. Zwar sprach sich in der deutschen Kleinstadt (13 000 Einwohner) im Westerwald schnell herum, dass einer von ihnen unter den 150 Toten des Germanwings-Absturzes sei. Man trauerte um das Opfer – ohne zu wissen, dass Andreas Lubitz († 27) der Täter war.
Die Nachricht vom Selbstmord riss die Bewohner aus ihrer Idylle. Jetzt beherrscht die Menschen in den Strassen ein Mix aus Wut, Ungläubigkeit, Mitgefühl. Rentner Karl Plüss (83): «Ein barbarischer Akt, für den man keine Worte findet.»
Beim Elternhaus des Co-Piloten haben Nachbarn dennoch eine Kerze hingestellt. Eine Anwohnerin: «Die Eltern waren stolz auf ihren Sohn, den Piloten. Der Vater arbeitet ja in der Schweiz, da traf sich die Familie hier oft zum Wochenende.» Noch immer sichern Beamte das grosszügige Einfamilienhaus. Andreas Lubitz kam gerne aus seiner Düsseldorfer Stadtwohnung zurück in die Heimat. Mit seinem Bruder wohnte er in der ersten Etage, im Erdgeschoss leben die Eltern.
Seiner Leidenschaft, dem Laufen, konnte er hier am besten nachgehen. Der Joggingpfad ist nur einen Steinwurf vom Elternhaus entfernt. Einsame Wege im dunklen Wald. Dennoch erinnert sich eine Spaziergängerin an den sportlichen jungen Mann: «Als ich heute sein Foto in der Zeitung sah, machte es klick. Dabei hat er immer so nett gegrüsst. Unfassbar.»
Besonders betroffen ist man auf dem Segelflugplatz des LSC Westerwald. Hier lernte Andreas Lubitz das Fliegen, hierher kehrte er immer wieder zurück. Der Fliegerverein schaltete auch eine Todesanzeige für Andreas – bevor klar war, was im Jet wirklich passiert war.
Vereinskollege Peter Rücker (64) kämpft mit den Tränen: «Ich kenne ihn seit 2003, als er hier anfing. Er war ein besonnener, besonders guter Pilot.» Und: «Er und ein paar Kollegen waren eine richtige Jugendfliegerclique. Wir freuten uns, als er es zur Lufthansa schaffte. Einer seiner besten Freunde kam zur Swiss», sagt er. Im letzten Herbst tauchte Andreas wieder häufiger auf dem Segelflugplatz auf. Peter Rücker: «Er wollte seine Segelfluglizenz auffrischen.»
An der ehemaligen Schule von Andreas Lubitz, dem Mons-Tabor-Gymnasium, weht die Flagge auf Halbmast. Man gedenkt der 16 Schüler und zwei Lehrerinnen aus Haltern, einer anderen deutschen Kleinstadt, die Lubitz mit in den Tod riss.
Am Bahnhof ist man stolz auf die ICE-Verbindung nach Frankfurt und Köln. 38-mal am Tag hält der Schnellzug in der kleinen Stadt. Vor Ort ist man sich einig: Der Bahnhof war das Beste, was der Stadt passieren konnte. Der Todesflug mit Abstand das Schlimmste.