Das Dekret zielt laut dem Bundessekretariat für Kommunikation darauf ab, «die willkürliche und ungerechtfertigte Löschung von Konten, Profilen und Inhalten durch die Anbieter» zu verhindern. Zuvor hatten Internetplattformen mehrfach Äusserungen Bolsonaros wegen der Verbreitung von Falschinformationen über das Coronavirus entfernt. Dieser hatte das als «Zensur» bezeichnet.
Aufstachelung zur Gewalt kann nach wie vor gelöscht werden
Das Dekret tritt vorläufig sofort in Kraft, muss aber noch vom Kongress ratifiziert werden, um Gesetz zu werden. Es nennt eine Reihe von Umständen, unter denen die Löschung von Inhalten oder die Sperrung von Nutzern «gerechtfertigt» ist. Dazu gehören beispielsweise die Begehung von Straftaten oder die Aufstachelung zur Gewalt. Ausserdem schreibt das Dekret den Plattformen vor, wie sie in solchen Fällen vorzugehen haben.
Im Kampf gegen den Missbrauch der Plattformen
«Diese vorläufige Massnahme schränkt die Möglichkeiten, Missbrauch auf unseren Plattformen einzuschränken, erheblich ein», erklärte ein Facebook-Sprecher gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. «Wir stimmen mit Rechtsexperten und Fachleuten überein, die die Massnahme als eine Verletzung der verfassungsmässigen Rechte betrachten.»
Der Oppositionspolitiker Alessandro Molon sagte, er bereite rechtliche Schritte vor, um das Präsidialdekret zu kippen. «Sein Ziel ist es nicht, die Meinungsfreiheit zu schützen», sagte Molon über Bolsonaro. Was der Präsident erreichen wolle, «ist zu verhindern, dass die Desinformationen und Hassreden, die er und seine Anhänger verbreiten, weiterhin von den Plattformen entfernt werden.»
Bolsonaro geht in die Offensive
Bolsonaro kündigte das Dekret am Vorabend des brasilianischen Unabhängigkeitstages an. Angesichts extrem schlechter Umfragewerte, einer schwächelnden Wirtschaft und Auseinandersetzungen mit der Justiz will Bolsonaro zum Unabhängigkeitstag am Dienstag in die Offensive gehen und hat dazu seine extrem rechte Anhängerschaft zu Kundgebungen in Brasilia und São Paulo aufgerufen.
(AFP)