Gaddafi habe am Sonntag seine Kandidatur angemeldet, teilte die libysche Wahlkommission mit, welche die Präsidentenwahl am 24. Dezember und die Parlamentswahl einen Monat später organisiert. Der 40-Jährige habe alle «erforderlichen rechtlichen Bedingungen» erfüllt. Zudem sei er als Wähler für einen Wahlbezirk der Stadt Sebha registriert worden.
Wegen mutmasslichen Kriegsverbrechen gesucht
Seif al-Islam Gaddafi hatte im Juli erstmals Präsidentschaftsambitionen geäussert. In einem Interview mit der «New York Times» sagte der seit Jahren nicht mehr öffentlich aufgetretene Sohn Gaddafis, die libyschen Politiker der vergangenen zehn Jahre hätten dem Land «nichts als Elend» gebracht. Nun sei es «Zeit für eine Rückkehr zur Vergangenheit».
Vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag wird Seif al-Islam wegen mutmasslicher Kriegsverbrechen gesucht. Ein Gericht in Tripolis verurteilte ihn zudem 2015 in Abwesenheit zum Tode. Er sei «zuversichtlich, dass diese juristischen Probleme wegverhandelt werden können», wenn eine Mehrheit der Libyer ihn «als ihren Anführer wollen», sagte Seif al-Islam der «New York Times».
Erstes Lebenszeichen seit 2014
Seif al-Islam galt lange als möglicher Nachfolger seines Vaters. Vor der Revolte gegen Gaddafi galt er als Befürworter einer Annäherung an den Westen und einer Öffnung des Systems, nach Beginn der Proteste im Februar 2011 befürwortete er jedoch ein hartes Vorgehen gegen die Opposition.
Einen Monat nach dem Tod seines Vaters im Oktober 2011 wurde Seif al-Islam von einer bewaffneten gefasst, die sich aber weigerte, den Gaddafi-Sohn an den IStGH auszuliefern. 2017 wurde Seif al-Islam freigelassen, danach verlor sich seine Spur.
Bis zu dem Interview, das laut der Zeitung in einer Villa in der libyschen Stadt Sintan geführt wurde, hatte es seit Juni 2014 kein öffentliches Lebenszeichen des Gaddafi-Sohnes gegeben. In dem Interview sagte er, die Milizionäre, die ihn einst festgenommen hätten, seien heute seine «Freunde». Er sei ein freier Mann, der seine Rückkehr in die Politik organisiere.
Im Dezember geplante Parlamentswahl wurde verschoben
Libyen ist seit dem Sturz Gaddafis 2011 von gewaltsamen Konflikten und Machtkämpfen geprägt. Auch ausländische Truppen und Söldnergruppen etwa aus Russland und der Türkei sind vor Ort in Kämpfe verwickelt. Eine seit Oktober geltende Waffenruhe in dem Land gilt als brüchig. Ursprünglich waren beide Wahlen für den 24. Dezember geplant gewesen. Die Parlamentswahl wurde aber vor dem Hintergrund von Machtkämpfen zwischen den einflussreichen politischen Gruppen des Landes verschoben.
(AFP)