«Aus unseren Bierflaschen haben wir Molotow-Cocktails gemacht»
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Brauer Yuriy über den Krieg:«Mit unseren Bierflaschen machten wir Molotow-Cocktails»

Yuriy Zastavnyi (51), Bierbrauer aus Lwiw
«Mein Pub bleibt auch im Bombenhagel geöffnet»

Yuriy Zastavnyi (51) ist Bierbrauer und Mitinhaber eines Pubs in Lwiw. Dank seinem Bier konnte er bereits über zwei Millionen Dollar Hilfsgelder für die Ukraine sammeln.
Publiziert: 24.08.2022 um 00:20 Uhr
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Yuriy Zastavnyi ist Bierbrauer und Mitinhaber eines Pubs in Lwiw.

Als Handwerksbrauerei verstehen wir uns seit unserer Gründung Ende 2014 als Überbringer ukrainischer Botschaften. Unsere Etiketten sind teils wütende, teils ironische Anspielungen auf das Geschehen in unserem Land. Zum Beispiel das Etikett mit Putins Konterfei. Es ist 2015 entstanden, als Reaktion auf die Annexion der Krim.

Auch jetzt reagieren wir natürlich auf die zweifellos historischen Ereignisse in unserem Land. Darum brauen wir neue Biersorten mit neuen Namen – etwa ein Bier namens «die Kunst militärischer Operationen». Das Etikett zeigt einen russischen Panzerturm, der abgerissen wird.

Erfinderisch «dank» Alkoholverbot

Da wir lange nicht in der Lage waren, unsere eigenen Biere zu brauen, weil in der Ukraine zu Beginn des Kriegs ein absolutes Alkoholverbot galt, haben wir eine weltweite Freiwilligeninitiative gestartet. Dazu haben wir fünf unserer besten Bierrezepte veröffentlicht und die bekanntesten Bierbrauer weltweit gebeten, Bier nach unseren Rezepten zu brauen.

Die Resonanz war gewaltig: Rund 650 Brauereien auf der ganzen Welt haben sich an dem Projekt beteiligt, darunter auch drei aus der Schweiz. Dieses Projekt trug dazu bei, dass wir fast 2,5 Millionen Dollar an Hilfsgeldern für die Ukraine sammeln konnten. Wir haben also gelernt, nicht nur eine Brauerei, sondern ein grosses Zentrum für Freiwilligenarbeit zu sein.

Bewusstsein für die Unabhängigkeit stärker als je zuvor

Wir haben daraufhin ein zweites Projekt gestartet – gemeinsam mit deutschen Freiwilligen. Sie liefern mit ihren Lastwagen humanitäre Hilfe in die Ukraine. Zurück fahren sie mit unseren Bieren, die sie zum Selbstkostenpreis kaufen. In Berlin verkaufen sie das Bier und organisieren mit dem Gewinn neue humanitäre Hilfe.

Wir befinden uns alle im Überlebensmodus und wollen, dass die Ukraine den militärischen Sieg über die Russen so schnell wie möglich erreicht. Ich denke, der Unabhängigkeitstag dieses Jahr wird einzigartig werden. Denn das Bewusstsein für die Unabhängigkeit in unserem Land ist zehntausendmal stärker als je zuvor. Das ist unser Tag. Das wird auch in zehn, hundert und tausend Jahren noch unser Tag sein. Niemand kann uns diesen Tag verderben!

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