Die schockierenden Fotos gingen um die Welt: Ein Mann und sein Kind treiben eng umschlungen im Rio Grande an der Grenze zwischen den USA und Mexiko. Sie leben nicht mehr. Angetrieben vom Wunsch auf ein besseres Leben fanden sie im Grenzfluss ihren Tod.
Tania Vanessa Avalos (21), Mutter und Frau der beiden Verstorbenen, musste das Drama von Ufer aus mitansehen. Unter Tränen sagt sie nun der Zeitung «Publimetro»: «Der Fluss hat mein Mädchen und meinen Mann einfach verschluckt.»
Vom ersten Augenblick an war der Mutter nicht wohl beim Gedanken, durch das Wasser zu schwimmen. Das trübe Wasser, die reissende Strömung machten ihr Angst. Sie zweifelte: Würden sie, ihr Ehemann (25) und ihre Tochter es überhaupt auf die andere Seite schaffen? Ist der Traum von einer besseren Zukunft das Risiko überhaupt wert?
«Wir waren einfach verzweifelt»
Ja, entschied ihr Mann Óscar Alberto Martínez am vergangenen Sonntag – nur wenige Stunden vor seinem Tod. Zwei Monate harrte die Familie bis zu diesem Zeitpunkt schon im Grenzort Matamoros aus. Avalos erzählt: «Wir waren bereits verzweifelt, hatten kein Geld mehr, weil das Immigrationsverfahren lange dauert und hohe Anforderungen stellt.»
Ihr Ziel sei gewesen, ein humanitäres Visum zu beantragen und in den USA einen Job zu suchen. «In El Salvador waren die Dinge schwierig – und gefährlich. Unsere Tochter hatte doch ein besseres Leben verdient», sagt sie.
Ihr Mann habe ihr an seinem Todestag noch gesagt, sie solle Vertrauen haben, daran glauben, dass nichts passieren würde. «Er nahm Valeria in die Arme und wir klammerten uns an ein Seil, stiegen ins Wasser», erzählt sie weiter.
«Ich sah, wie sie weggetragen wurden»
Doch die Strömung war stark, riss die junge Familie mit. Martínez, mit seinem Kind im Arm, konnte sich nicht mehr festhalten. «Die Fluten spülten sie weg», so Avalos. Sie selbst habe es danach geschafft, zum Ufer zurückzuschwimmen. «Ich musste später mitansehen, wie mein Mann und meine Tochter vom Wasser weggetragen wurden.»
Das Schicksal der jungen Familie und die erdrückenden Aufnahmen sorgten in den letzten Tagen für Entsetzen. Wenn es um Asylanträge geht, greift die USA mit harter Hand durch: Donald Trump lässt nur noch eine kleine Zahl Asylsuchender pro Tag über die Grenze.
Das führt dazu, dass viele von ihnen in Camps nahe der Grenze festsitzen, wo unwürdige Zustände herrschen. Die Menschen haben keine Ahnung, wie lange sie dort ausharren müssen, die Zahl der Camp-Insassen steigt täglich. (hah)