Noch wird viel über die Zukunft von Grossbritannien ausserhalb der EU spekuliert. Klar ist aber: David Cameron wird dann nicht mehr Premier des Vereinigten Königreichs sein. Er hat heute Morgen seinen Rücktritt angekündigt. Damit bietet sich die Chance für Boris Johnson, seinen alten Rivalen zu beerben.
Johnson und Cameron gehören zwar beide der konservativen Tory-Partei an. Das hielt die beiden Politiker aber noch nie davon ab, sich mit Vorliebe aneinander zu reiben und seit Jahren ein Privatduell auf höchster politischer Ebene auszutragen. Nun könnte sich das Blatt zum ersten Mal zugunsten des 52-jährigen Johnson wenden.
Vom Elite-Internat in die Politik
Die Wege von Boris Johnson und David Cameron hatten sich bereits in jungen Jahren gekreuzt. Beide besuchten sie das Elite-Internat Eton im Westen Londons und studierten später im noblen Oxford. Anschliessend folgte die Polit-Karriere bei den britischen Konservativen.
Dabei verlief der Weg von Cameron stets etwas steiler als jener von Johnson. Während letzterer «nur» Bürgermeister von London wurde, zog sein Widersacher Cameron 2010 als Premier von Grossbritannien in die Residenz an der Downing Street 10.
Brexit als entscheidender Karriere-Schub?
Boris Johnson machte nie ein Geheimnis daraus, dass er selber gerne an die Stelle von Cameron treten würde. Johnson wiegte Cameron in dem Glauben, er würde mit ihm für den Verbleib in der EU kämpfen, und wechselte erst im letzten Moment die Seiten. Der hitzige Brexit-Abstimmungskampf lieferte ihm die Gelegenheit, noch mehr ins Rampenlicht zu treten und den Premier frontal zu attackieren.
Während Cameron bis zum Ende für einen Verbleib Grossbritanniens in der EU weibelte, wurde Johnson auf der Insel immer mehr zur Symbolfigur für den Unabhängigkeits-Kampf.
Dass sich das Lager der Brexit-Befürworter nun durchgesetzt haben, ist für Cameron ein Tiefschlag. Im kommenden Oktober will er sein Amt als Premierminister abgeben. Boris Johnson dürfte bereitstehen. Es könnte heute der entscheidende Karriere-Schub für ihn gewesen sein. Er opferte dafür David Cameron. Und Grossbritannien.