Ilhan Omar war eine der gefeierten Demokraten, die im vergangenen November den Sprung ins Repräsentantenhaus geschafft haben. Zusammen mit der ebenfalls frischgewählten Rashida Tlaib ist Omar die erste Muslimin, die in den US-Kongress einzog. Doch seit die Tochter somalischer Immigranten in Washington politisiert, gehts bergab.
Zuerst der Antisemitismus-Skandal im Februar: Omar schrieb auf Twiitter, die israelfreundliche Haltung in den USA lasse sich mit den Millionenspenden der proisraelischen Lobbygruppe Aipac erklären. Sie zitierte dazu auch den Rap-Song «It's All About the Benjamins» von Puff Daddy & The Family. Die Anspielung ist klar: «Benjamin» ist der umgangssprachliche Ausdruck für die 100-Dollar-Banknote mit dem Konterfei von Benjamin Franklin, einem der Gründerväter der Vereinigten Staaten.
Die Provokation rief scharfe Kritik aus allen politischen Lagern hervor. Ganz Washington, darunter auch viele von Omars Parteifreunden und Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses, forderten eine Entschuldigung. Diese kam dann auch – ebenfalls über Twitter. Sie habe nie beabsichtigt, «Wähler oder jüdische Amerikaner im Allgemeinen zu verletzen». Für US-Präsident Donald Trump war dies aber nicht genug. Er forderte sie zum Rücktritt auf.
Wieder Skandal auf Twitter
Seit der ganzen Aufregung sind gut drei Wochen ins Land gezogen. Just als die Geschichte vergessen schien, doppelte Omar am Sonntag nach. Während eines Twitter-Disputs mit ihrer New Yorker Kollegin Nita Lowey erklärte sie: «Unsere Demokratie gründet auf Debatte, Frau Abgeordnete! Man sollte nicht von mir erwarten, dass ich einem fremden Land Treue schwören muss, um meinem eigenen Land im Kongress zu dienen oder an einem Ausschuss zu sitzen.»
Der Hintergrund: Lowey ist jüdischer Herkunft und hatte Omar zuvor Vorurteile gegen die jüdische Gemeinschaft und Unterstützer Israels vorgeworfen. Omars Tweet bedient indes den Vorwurf der «doppelten Loyalität», welcher zu einem der bekanntesten antisemitischer Stereotypen gehört.
Wird Omar aus Ausschuss geschmissen?
Doch wer ist Ilhan Omar überhaupt? Sie stammt aus ärmlichen Verhältnissen und ist die jüngste von sieben Kindern der Familie. Ihr Vater war in Somalia Lehrer, schlug sich in der neuen Heimat zunächst als Taxifahrer und später als Postbediensteter durch. Ihre Mutter starb, als Omar zwei Jahre alt war.
Seit dem Jahr 2000 ist sie offiziell US-Bürgerin. In der Schule, wo sie laut eigenen Angaben oft gemobbt worden war, lernte sie rasch Englisch. 2011 promovierte sie an der North Dakota State University in Politologie und Internationalen Studien. Fünf Jahre später, 2016, schaffte sie den Sprung in den Kongress von Minnesota. Schon damals äusserte sich die dreifache Mutter kritisch in Bezug auf Israel.
Inwiefern der zweite Skandal Omar schadet, steht noch aus. Jedenfalls ist Pelosi erneut ausser sich. Laut Medienberichten bereiten sie und eine Gruppe jüdischer Demokraten eine offizielle Erklärung vor, die Omar verurteilen und die Fraktion von ihr distanzieren soll. Republikaner fordern sogar, dass Omar aus dem einflussreichen aussenpolitischen Ausschuss entfernt werden müsse. Es ist nicht auszuschliessen, dass die aufgebrachte Pelosi diesem Schritt zustimmen würde.