Wikileaks-Gründer im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh
Assange sitzt im britischen Guantanamo

Sieben Jahre stand Julian Assange unter Hausarrest. Doch sein spartanisches Zimmer in der ecuadorianischen Botschaft ist nichts im Vergleich zu seiner neuen Unterkunft.
Publiziert: 13.04.2019 um 17:32 Uhr
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Aktualisiert: 15.04.2019 um 09:01 Uhr
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Hinter diesen Mauern sitzt Julian Assange.
Foto: AFP

Luxuriös hat Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft nicht gelebt. Sein 15-Quadratmeter-Zimmer war Schlaf-, Arbeits- und Esszimmer zugleich. Bücher, ein Laufband, ein Bett.

Seine Katze hatten ihm die Ecuadorianer zuletzt weggenommen – genauso wie den Internetzugang. Verlassen durfte er das Haus nicht, medizinisch war er schlecht versorgt.

Doch wo er seit seiner spektakulären Verhaftung ist, dürfte noch mal ein ganzes Stückchen schlechter sein.

Assange sitzt offenbar im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Das berichten Freunde und verschiedene Medien.

Der Knast im südöstlichen London hat den Ruf als «britisches Guantanamo». Neben Massenmördern und Pädophilen sitzen hier auch Terroristen. Bin Ladens «rechte Hand in Europa» Abi Quatada sass hier vor seiner Abschiebung ein – ebenso die vier Männer, die 2005 den Selbstmordanschlag auf die Londoner U-Bahn verübten. Menschenrechtler kritisieren, dass Verdächtige oft ohne Anklage jahrelang in Belmarsh verwahrt werden.

In welchem Teil von Belmarsh Assange gefangen gehalten wird, ist nicht bekannt. Neben vergleichsweise normalen Zellen herrschen in den Bereichen für besonders überwachungsbedürftige Gefangene klaustrophobische Zustände. Laut Berichten der Nachrichtenagentur «Bloomberg» haben die Hälfte der in Belmarsh Inhaftierten angegeben, maximal zwei Stunden pro Woche ausserhalb ihrer Zelle zu verbringen.

Neun Tage im Horror-Knast Wandsworth

Bereits 2010 sass Assange kurz in einem Londoner Gefängnis ein. Keine gute Erfahrung: Das Gefängnis Wandsworth, in dem Assange damals neun Tage verbrachte, gilt als echter Horror-Knast. Sein Anwalt schwor damals, dass Assange dort nie wieder hinmüsste.

Der Gesundheitszustand des Wikileaks-Mitgründers wird von seinen Unterstützern und Freunden als besorgniserregend beschrieben. Vor einem Jahr untersuchte ihn eine Ärztin, die auch an der Universität in Boston lehrt – sie äusserte Besorgnis über Assanges physischen wie mentalen Zustand.

Im britischen «Daily Mirror» sagte eine Quelle, die Wikileaks nahesteht: Die sieben Jahre Hausarrest hätten ihre Spuren hinterlassen. Assange habe Zahnprobleme und leide durch Vitamin-D-Mangel an Osteoporose (Knochenschwund) – die Folge des jahrelangen Mangels an Sonnenlicht. Hinzu kämen weitere Erkrankungen. Seine Mutter Christine äusserte diese Sorgen auch via Twitter.

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Was seine Mutter beruhigen dürfte: In Belmarsh hat Assange Zugang zu medizinischer Versorgung und möglicherweise auch zu etwas frischer Luft. Zumindest, wenn er nicht im Hochsicherheitstrakt sitzt. (kin)

Wer ist Julian Assange?

Der Australier (*1971 in Townsville) ist das bekannteste Gesicht der Enthüllungsplattform Wikileaks. 2012 bezichtigten zwei Schwedinnen Assange der Vergewaltigung. Aus Angst vor einer Auslieferung an die USA flüchtete er in die ecuadorianische Botschaft in London, wo er sieben Jahre lang lebte. Während seines Hausarrests empfing er zahlreiche Prominente wie «Baywatch»-Legende Pamela Anderson, Fox-News-Moderator Sean Hannity sowie den Rechtskonservativen Nigel Farage. Assange war verheiratet und hat einen Sohn.

Der Australier (*1971 in Townsville) ist das bekannteste Gesicht der Enthüllungsplattform Wikileaks. 2012 bezichtigten zwei Schwedinnen Assange der Vergewaltigung. Aus Angst vor einer Auslieferung an die USA flüchtete er in die ecuadorianische Botschaft in London, wo er sieben Jahre lang lebte. Während seines Hausarrests empfing er zahlreiche Prominente wie «Baywatch»-Legende Pamela Anderson, Fox-News-Moderator Sean Hannity sowie den Rechtskonservativen Nigel Farage. Assange war verheiratet und hat einen Sohn.

Das ist Wikileaks

Die Enthüllungsplattform wurde 2006 von politischen Aktivisten gegründet. Das erklärte Ziel ist es, unethisches Verhalten von Staaten und Regierungen offenzulegen. Wikileaks dokumentierte unter anderem Menschenrechtsverletzungen bei den Kriegen im Irak und in Afghanistan. Ein Video aus einem US-Kampfhubschrauber, das den Beschuss von Zivilisten und Reportern in Bagdad zeigt, gehört zu den grössten Enthüllungserfolgen. In die Kritik geriet die Plattform, als sie im US-Wahlkampf 2016 die mutmasslich von Russland gehackten Mails veröffentlichte und so der Clinton-Kampagne empfindlich schadete.

Die Enthüllungsplattform wurde 2006 von politischen Aktivisten gegründet. Das erklärte Ziel ist es, unethisches Verhalten von Staaten und Regierungen offenzulegen. Wikileaks dokumentierte unter anderem Menschenrechtsverletzungen bei den Kriegen im Irak und in Afghanistan. Ein Video aus einem US-Kampfhubschrauber, das den Beschuss von Zivilisten und Reportern in Bagdad zeigt, gehört zu den grössten Enthüllungserfolgen. In die Kritik geriet die Plattform, als sie im US-Wahlkampf 2016 die mutmasslich von Russland gehackten Mails veröffentlichte und so der Clinton-Kampagne empfindlich schadete.

Der Fall Assange

Ein Überblick über die wichtigsten Ereignisse rund um Julian Assanges Zeit in der Botschaft in Ecuador.

2010:

  • Von Juli bis Oktober veröffentlicht die Enthüllungsplattform Wikileaks rund 470'000 als geheim eingestufte Dokumente, die mit diplomatischen Aktivitäten der USA und mit den Kriegen in Afghanistan und im Irak zu tun haben. Weitere 250'000 Dokumente kommen später hinzu.
  • Im November bewirkt die schwedische Staatsanwaltschaft einen internationalen Haftbefehl gegen Assange. Ihm werden Vergewaltigung und sexuelle Gewalt gegen zwei Frauen vorgeworfen. Assange weist die Anschuldigung zurück und stellt sich kurz darauf der Polizei in London. Bis zur Entscheidung über einen Auslieferungsantrag Schwedens kommt er gegen Kaution auf freien Fuss.

2011

  • Im Februar gibt ein britisches Gericht dem schwedischen Auslieferungsantrag statt. Assange äussert sich besorgt: Er fürchtet, dass Schweden ihn an die USA ausliefern könnte, wo ihm wegen der geleakten Dokumente ein Prozess und womöglich sogar die Todesstrafe droht.

2012

  • Julian Assange flieht im Juni in die Botschaft Ecuadors in London und beantragt erfolgreich politisches Asyl. Ecuador bittet die britische Regierung vergeblich um die Erlaubnis, Assange nach Quito auszufliegen.

2016

  • Schwedische Ermittler scheitern mit ihrem Anliegen, Assange in der Londoner Botschaft zu vernehmen. Eine Uno-Arbeitsgruppe kommt zu dem Schluss, dass Assange im Botschaftsgebäude «willkürlich inhaftiert» sei und dafür von Grossbritannien und Schweden entschädigt werden müsse. Beide Länder weisen die nicht bindende Entscheidung zurück.
  • Vor der US-Präsidentschaftswahl veröffentlicht Wikileaks rund 20'000 E-Mails aus dem Parteiapparat der Demokraten. Sie stammen aus dem Wahlkampfteam der Kandidatin und früheren Aussenministerin Hillary Clinton.

2017

  • Nach der Begnadigung von Chelsea Manning, einer Hauptquelle von Wikileaks, erklärt die Organisation, Assange könne sich Ermittlungen in den USA stellen, wenn seine Rechte garantiert würden. Unterdessen stellt die Staatsanwaltschaft in Schweden die Ermittlungen gegen Assange ein.
  • Die britische Polizei will ihn allerdings weiterhin festnehmen, weil er seine Kautionsauflagen verletzt hat. Assange bekommt die ecuadorianische Staatsangehörigkeit, allerdings scheitert die Regierung in Quito mit ihrem Anliegen, bei den britischen Behörden Diplomatenstatus für Assange anzumelden. Das hätte ihm ermöglicht, das Botschaftsgebäude zu verlassen, ohne festgenommen zu werden.

2018

  • Ecuador erklärt, es sei auf der Suche nach einem Vermittler, um Assanges «unhaltbare» Situation zu beenden. Ein Antrag, den Haftbefehl aus gesundheitlichen Gründen zurückzuziehen, scheitert. Im März kappt das Botschaftspersonal dann Assanges Kommunikationszugänge, weil er sich in die Angelegenheiten anderer Länder eingemischt habe. Ein Wikileaks-Anwalt beschreibt Assanges Lebensumstände als «unmenschlich».
  • Im Oktober erlegt Ecuador Assange neue Verhaltensregeln auf und warnt, eine Verletzung der Vorgaben könne zum Entzug des Asyls führen. Unterdessen taucht in den USA ein Dokument auf, wonach gegen Assange offenbar heimlich Anklage erhoben wurde.

2019

  • Ecuadors Präsident Lenin Moreno erklärt, Assange habe die Auflagen für sein Botschaftsasyl «wiederholt verletzt». Am 25. April soll ein unabhängiger Menschenrechtsexperte Assange besuchen und eine Einschätzung abgeben, ob die ihm vorgeworfenen Verstösse eine Untersuchung notwendig machen.
  • Doch dazu kommt es nicht: Am 11. April nimmt die britische Polizei Assange fest, nachdem ihm das Asyl entzogen wurde.

2020

  • Assange sitzt im Hochsicherheitsgefängnis HMP Belmarsh im Südosten Londons.
  • Assange, hofft auf eine Freilassung unter Kautionsauflagen wegen der Coronavirus-Pandemie. Der Antrag wird abgelehnt.

2021

  • Dem Wikileaks-Gründer wird die ecuadorianische Staatsbürgerschaft entzogen.

  • Das Gericht lehnt die Auslieferung in die USA ab und begründet diese Entscheidung mit dem psychischen Gesundheitszustand Assanges und den Haftbedingungen, die ihn in den USA erwarten würden. Es sei damit zu rechnen, dass er sich in Isolationshaft das Leben nehmen werde.
  • Die USA zweifeln am medizinischen Gutachten und legen Berufung ein. Das Auslieferungsverbot wird im Dezember aufgehoben

  • Nach Angaben seiner Verlobten Stella Moris erleidet Assange im Gefängnis einen leichten Schlaganfall. Grund soll der «extreme» Stress gewesen sein.

Ein Überblick über die wichtigsten Ereignisse rund um Julian Assanges Zeit in der Botschaft in Ecuador.

2010:

  • Von Juli bis Oktober veröffentlicht die Enthüllungsplattform Wikileaks rund 470'000 als geheim eingestufte Dokumente, die mit diplomatischen Aktivitäten der USA und mit den Kriegen in Afghanistan und im Irak zu tun haben. Weitere 250'000 Dokumente kommen später hinzu.
  • Im November bewirkt die schwedische Staatsanwaltschaft einen internationalen Haftbefehl gegen Assange. Ihm werden Vergewaltigung und sexuelle Gewalt gegen zwei Frauen vorgeworfen. Assange weist die Anschuldigung zurück und stellt sich kurz darauf der Polizei in London. Bis zur Entscheidung über einen Auslieferungsantrag Schwedens kommt er gegen Kaution auf freien Fuss.

2011

  • Im Februar gibt ein britisches Gericht dem schwedischen Auslieferungsantrag statt. Assange äussert sich besorgt: Er fürchtet, dass Schweden ihn an die USA ausliefern könnte, wo ihm wegen der geleakten Dokumente ein Prozess und womöglich sogar die Todesstrafe droht.

2012

  • Julian Assange flieht im Juni in die Botschaft Ecuadors in London und beantragt erfolgreich politisches Asyl. Ecuador bittet die britische Regierung vergeblich um die Erlaubnis, Assange nach Quito auszufliegen.

2016

  • Schwedische Ermittler scheitern mit ihrem Anliegen, Assange in der Londoner Botschaft zu vernehmen. Eine Uno-Arbeitsgruppe kommt zu dem Schluss, dass Assange im Botschaftsgebäude «willkürlich inhaftiert» sei und dafür von Grossbritannien und Schweden entschädigt werden müsse. Beide Länder weisen die nicht bindende Entscheidung zurück.
  • Vor der US-Präsidentschaftswahl veröffentlicht Wikileaks rund 20'000 E-Mails aus dem Parteiapparat der Demokraten. Sie stammen aus dem Wahlkampfteam der Kandidatin und früheren Aussenministerin Hillary Clinton.

2017

  • Nach der Begnadigung von Chelsea Manning, einer Hauptquelle von Wikileaks, erklärt die Organisation, Assange könne sich Ermittlungen in den USA stellen, wenn seine Rechte garantiert würden. Unterdessen stellt die Staatsanwaltschaft in Schweden die Ermittlungen gegen Assange ein.
  • Die britische Polizei will ihn allerdings weiterhin festnehmen, weil er seine Kautionsauflagen verletzt hat. Assange bekommt die ecuadorianische Staatsangehörigkeit, allerdings scheitert die Regierung in Quito mit ihrem Anliegen, bei den britischen Behörden Diplomatenstatus für Assange anzumelden. Das hätte ihm ermöglicht, das Botschaftsgebäude zu verlassen, ohne festgenommen zu werden.

2018

  • Ecuador erklärt, es sei auf der Suche nach einem Vermittler, um Assanges «unhaltbare» Situation zu beenden. Ein Antrag, den Haftbefehl aus gesundheitlichen Gründen zurückzuziehen, scheitert. Im März kappt das Botschaftspersonal dann Assanges Kommunikationszugänge, weil er sich in die Angelegenheiten anderer Länder eingemischt habe. Ein Wikileaks-Anwalt beschreibt Assanges Lebensumstände als «unmenschlich».
  • Im Oktober erlegt Ecuador Assange neue Verhaltensregeln auf und warnt, eine Verletzung der Vorgaben könne zum Entzug des Asyls führen. Unterdessen taucht in den USA ein Dokument auf, wonach gegen Assange offenbar heimlich Anklage erhoben wurde.

2019

  • Ecuadors Präsident Lenin Moreno erklärt, Assange habe die Auflagen für sein Botschaftsasyl «wiederholt verletzt». Am 25. April soll ein unabhängiger Menschenrechtsexperte Assange besuchen und eine Einschätzung abgeben, ob die ihm vorgeworfenen Verstösse eine Untersuchung notwendig machen.
  • Doch dazu kommt es nicht: Am 11. April nimmt die britische Polizei Assange fest, nachdem ihm das Asyl entzogen wurde.

2020

  • Assange sitzt im Hochsicherheitsgefängnis HMP Belmarsh im Südosten Londons.
  • Assange, hofft auf eine Freilassung unter Kautionsauflagen wegen der Coronavirus-Pandemie. Der Antrag wird abgelehnt.

2021

  • Dem Wikileaks-Gründer wird die ecuadorianische Staatsbürgerschaft entzogen.

  • Das Gericht lehnt die Auslieferung in die USA ab und begründet diese Entscheidung mit dem psychischen Gesundheitszustand Assanges und den Haftbedingungen, die ihn in den USA erwarten würden. Es sei damit zu rechnen, dass er sich in Isolationshaft das Leben nehmen werde.
  • Die USA zweifeln am medizinischen Gutachten und legen Berufung ein. Das Auslieferungsverbot wird im Dezember aufgehoben

  • Nach Angaben seiner Verlobten Stella Moris erleidet Assange im Gefängnis einen leichten Schlaganfall. Grund soll der «extreme» Stress gewesen sein.

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