Seit Monaten suchten sie nach ihm, nun sitzt er hinter Gittern: Der Chauffeur der Selbstmordattentäter auf das Fussballstadion Stade-de-France, Salah Abdeslam (26) wurde gestern mitten in Brüssel gefasst. Doch über diesen Erfolg können sich die belgischen Behörden nur wenig freuen.
Der junge Mann tauchte in seiner Heimat unter, dem Brüsseler Stadtteil Molenbeek, ganz in der Nähe seines Elternhauses. Wie konnte sich Abdeslam 126 Tage lang verstecken - trotz intensiver Fahndung und grossangelegter Suchaktionen der Behörden?
Hat Belgien die Situation im Griff?
Die belgischen Sicherheitsbehörden sind unter Druck. Sie hätten die Sicherheitslage in ihrem Land nicht im Griff, lautet der Vorwurf. Die belgische Zeitung «De Standaard» schreibt es sei «beunruhigend», dass der Terrorist so lange nicht gefunden wurde. «Es wäre weniger peinlich für die Fahnder gewesen, wenn Abdeslam in Syrien aufgetaucht wäre.»
Dass Abdeslam sich so lange versteckt halten konnte, sei «kein großer Erfolg für die belgischen Geheimdienste», sagt der französische Abgeordnete und ehemalige Anti-Terror-Richter Alain Marsaud zu «Spiegel Online». «Entweder war Salah Abdeslam sehr schlau, oder die belgischen Dienste sind Nullen - was wahrscheinlicher ist.» Die Belgier hätten sich im Bezug auf Molenbeek naiv verhalten und zugelassen, dass sich «ein terroristisches Vipernnest» in ihrem Land entwickelt habe - «obwohl sie die Gefahr kannten».
Terroranschlag trotz Überwachung
Die belgischen Sicherheitskräfte standen schon im Vorfeld der Verhaftung Abdeslams unter Kritik. Denn seit seinem misslungenen Versuch im Januar 2015 nach Syrien auszureisen, sei er und sein Bruder überwacht worden, schreibt «Le Monde». Wie war es möglich, dass sie während dieser Zeit den Angriff auf Paris planten und ausführten?
Frankreichs Staatspräsident François Hollande und Belgiens Premierminister Charles Michel gaben am Freitagabend bekannt, dass sie noch mit weiteren Verhaftungen in einem weitverzweigten Netzwerk rechnen. Abdeslam müsse nun so schnell wie möglich an Frankreich ausgeliefert werden, sagte Hollande. Dieser sieht dies jedoch anders: Abdeslam werde sich dagegen wehren, lässt dessen Anwalt verlauten.
Der 26-Jährige Salah Abdeslam ist Franzose marokkanischer Abstammung und wuchs mit zwei Brüdern im berüchtigten Stadtteil Molenbeek auf. Am Abend der Paris-Anschläge soll er die Stade-de-France-Angreifer zum Fussballstadion gefahren haben. Sein Bruder Mohammed behauptet, Salah wollte sich eigentlich in die Luft sprengen, habe dann aber seine Selbstmordaktion abgebrochen. (SDA/kra)