Kinder schlafen im Gang und erhalten Infusionen
Spitäler in China wegen mysteriösem Virus überfüllt

In China steigen Fälle von Lungenentzündungen bei Kindern sprunghaft an. Das Virus scheint neu. Die WHO hat Peking um Angaben über die Zunahme der «undiagnostizierten» Atemwegserkrankungen gebeten. Erinnerungen an die frühen Tage der Covid-Pandemie werden wach.
Publiziert: 23.11.2023 um 13:47 Uhr
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Aktualisiert: 23.11.2023 um 22:16 Uhr
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Überfüllte Wartesäle in einem Kinderspital in Peking.
Foto: AFP
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Daniel KestenholzRedaktor Nachtdienst

Aus China werden mysteriöse Atemwegserkrankungen gemeldet, die Kinder betreffen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die chinesische Bevölkerung am Mittwoch aufgefordert, «Massnahmen zur Verringerung des Risikos von Atemwegserkrankungen zu ergreifen». Gleichzeitig bat die WHO die chinesischen Behörden um mehr Informationen über die gemeldete Häufung solcher Krankheitsfälle bei Kindern im Norden des Landes.

Der Ausbruch einer neuartigen Lungenkrankheit eskaliere in Städten im ganzen Land, berichtet die britische Zeitung «The Telegraph». Überall würden Spitäler mit «kranken Kindern überfüllt». Bilder von der Nachrichtenagentur AFP zeigen, wie Kinder in den Wartesälen eines Spitals in der Hauptstadt Peking auf Behandlung warten. Die Spitäler sind so voll, dass einige Personen ihre Infusion im Treppenhaus erhalten und dort schlafen müssen. 

Auf einer Pressekonferenz am 13. November hatten die chinesischen Behörden die Zunahme der Atemwegserkrankungen noch auf die Aufhebung der Covid-19-Beschränkungen und die Verbreitung von bekannten Krankheitserregern zurückgeführt. Die Grippe und bakterielle Infektionen würden die Kinder befallen.

Epidemie undiagnostizierter Lungenentzündungen

Inzwischen scheint sich die Lage zu verschlimmern. Promed – ein weltweites Überwachungssystem für Ausbrüche von Krankheiten bei Menschen und Tieren – hat am späten Dienstag eine Warnung herausgegeben. Es war auch eine Promed-Warnung gewesen, die Ende Dezember 2019 Fachleute weltweit erstmals auf ein mysteriöses Virus namens Sars-Cov-2 aufmerksam machte. 

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In einer Anmerkung des Herausgebers sagt Promed jetzt: «Dieser Bericht deutet auf einen weit verbreiteten Ausbruch einer undiagnostizierten Lungenentzündung hin. Es ist überhaupt nicht klar, wann dieser Ausbruch begann, da es ungewöhnlich wäre, dass so viele Kinder so schnell betroffen wären.» Der Herausgeber fügte an: «Es ist noch zu früh, um vorherzusagen, ob es sich um eine weitere Pandemie handeln könnte. Aber wie ein weiser Influenza-Virologe einmal sagte: ‹Die Uhr der Pandemie tickt, wir wissen einfach nicht, wie spät es ist.›»

Schulen betroffen

Diese aktuelle Promed-Meldung stützt sich auf einen Bericht des taiwanesischen Newsportals FTV News. Darin heisst es, dass Spitäler in Peking und im fast 800 Kilometer entfernten Liaoning nordöstlich der Hauptstadt mit einem Zustrom von Kindern mit Lungenentzündung zu kämpfen haben. Auf Chinas sozialer Plattform Weibo wurde am Donnerstag gemeldet, dass auch Notfallstationen der Küstenstadt Xiamen vor Taiwan überfüllt seien.

«Viele, viele sind im Spital», wird ein Pekinger Bürger von FTV News zitiert. «Sie husten nicht und haben keine Symptome. Sie haben nur hohes Fieber und viele entwickeln Lungenknötchen.» Einige Schulklassen seien ganz gestrichen worden, fährt der Bericht fort. «Nicht nur alle Schüler sind krank, sondern auch die Lehrer sind mit Lungenentzündung infiziert.»

WHO: Keine neuen Krankheitserreger gemeldet

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat am Donnerstagabend nach Rücksprache mit chinesischen Behörden vorerst Entwarnung gegeben. In einer Telefonkonferenz habe die chinesische Gesundheitsbehörde am Donnerstag betont, dass sie keine ungewöhnlichen oder neuen Krankheitserreger oder ungewöhnliche Krankheitsbilder entdeckt habe, berichtete die WHO am Abend in Genf.

Die Erkrankungen gingen auf mehrere bekannte Atemwegserreger zurück, darunter Rhinoviren, RSV (Respiratorisches Synzytial-Virus) und Mykoplasmen-Infektionen (Mycoplasma pneumoniae), berichteten die chinesischen Behörden der WHO. Dabei handelt es sich um zellwandlose Bakterien, die nur bei Menschen vorkommen und weltweit verbreitet sind. Sie können vor allem bei Kindern und Jugendlichen Tracheobronchitis oder Lungenentzündung auslösen. Weil die Bakterien zellwandlos sind, haben sie eine Resistenz gegen bestimmte Antibiotika, können nach Angaben der WHO mit anderen Antibiotika aber problemlos behandelt werden.

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