Wer gewinnt den Brexit-Wahlthriller?
Nigel Farage, Königsmacher der britischen Schicksalswahlen

Nach diversen Niederlagen hat der britische Premier Johnson Neuwahlen am 12. Dezember doch noch durchgeboxt. Doch ohne Allianz mit seinem neuen Angstgegner Nigel Farage von der Brexit-Partei sehen die Erfolgsaussichten für Johnsons Torys trübe aus.
Publiziert: 02.11.2019 um 17:20 Uhr
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Es geht um viel bei den britischen Schicksalswahlen am 12. Dezember, den Brexit-Wahlen. Wer regiert Grossbritannien neu: Der amtierende Premier Boris Johnson (l.) oder Oppositionsführer Jeremy Corbyn?
Foto: AFP

Beide sind sie feurige Brexit-Anhänger, doch beide gehören sie verschiedenen politischen Lagern an. Nigel Farage (55), EU-Gegner mit Herzblut und Führer der Brexit-Partei, mausert sich zum ernstzunehmenden Angstgegner von Premier Boris Johnsons (55) regierenden Konservativen, während Grossbritannien auf die Schicksalswahlen vom 12. Dezember zusteuert.

Ob Torys oder Labour-Opposition, beide geben sich siegessicher. Doch Farage wird das Zünglein an der Waage sein, das über die politische Zukunft Grossbritanniens und damit die Zukunft der EU entscheiden dürfte.

Selbst US-Präsident Donald Trump (73), der zu wirklich allem eine Meinung hat, mischte sich diese Woche via Farage in den britischen Wahlkampf ein. In einem Radiointerview, das Farage mit Trump im Rahmen seiner täglichen Sendung im Radiosender «LBC» führte, sagte Trump: «Zusammen würdet ihr eine Kraft sein, die nicht zu stoppen ist.»

Wahlgesetze sprechen für Allianz

Zusammen, damit meinte Trump Farage und Johnson. Brexit-Partei und Torys. Johnson wies die Empfehlung Trumps umgehend zurück. Farages Brexit-Vision stelle zwar genau den Brexit dar, den er seit 2016 fordere, sagte Johnson der «BBC». Doch er könne keinen Pakt mit «irgendeiner anderen Partei» eingehen, wegen des Risikos, Labour unter Jeremy Corbyn (70) damit an die Macht zu bringen.

Der EU-Parlamentarier Farage dagegen fordert lauthals eine Brexit-Allianz mit den Konservativen. In Umfragen kommt seine Brexit-Partei mit rund 13 Prozent zwar nur auf rund ein Drittel der Tories mit etwa 36 Prozent.

Doch Farage wird für Johnson langsam zum Muss-Partner. Denn im britischen Wahlsystem gewinnt nur der Kandidat mit dem meisten Stimmen im Wahlkreis. Ähnlich gesinnte Parteien drohen sich damit gegenseitig Stimmen wegzunehmen. Der lachende Dritte wäre Labour.

Johnson ist kein Vasall Trumps ...

Johnson wird kaum um einen Pakt mit Farage herumkommen. Schon bei den Europawahlen im Mai zog die eben gegründete Brexit-Partei auf Anhieb mit 29 Sitzen als stärkste politische Kraft ins Strassburger Parlament ein. Die Tories haben noch vier Sitze.

Die Einschätzung von Machtpolitiker Trump ist daher nicht so abwegig, dass Johnson und Farage zusammen eine «nicht zu stoppende Kraft» wären. Doch Trump ist auf der Insel wenig populär. Johnson darf nicht als Vasall Trumps angesehen werden, der Anordnungen aus Washington befolgt.

Die Dezember-Wahlen werden zur ersten grossen heimischen Bewährungsprobe für die Brexit-Partei, die im britischen Unterhaus noch keinen einzigen Sitz hält.

Farages Vorschlag: Wahlkreise aufteilen

Farages Plan ist simpel: Seine Partei und die Torys sollen einfach die Wahlkreise unter sich aufteilen, sagte er am Freitag. Dies sei der einzige Weg, um den Brexit durchzukriegen und Labour in Schach zu halten.

Farage würde sich aus Wahlkreisen heraushalten, wo Tory-Schwergewichte antreten, und die Brexit-Partei soll in traditionellen Labour-Hochburgen abräumen, die 2016 für den Brexit stimmten.

Noch zögert Johnson, auch wenn Berichten zufolge bereits hinter den Kulissen verhandelt wird. Farage gibt sich gelassen. In wenigen Tagen würden die Konservativen einsehen, dass sie seine Hilfe brauchen, und den Pakt mit ihm abschliessen. (kes)

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